1. KAPITEL
„Hallo? Ist jemand zu Hause?“
Erschöpft rang Aideen Ryan nach Luft. Bei Wind und Regen war sie durch die Dunkelheit gerannt. Jeder Atemzug brannte in ihrer Lunge. Inständig betete sie, dass jemand ihr Rufen hören würde.
An Irlands Küste tobte ein heftiger Sturm und das Ashbrooke House, ein von undurchdringlichen Mauern umgebenes Herrenhaus, war die einzige Unterschlupfmöglichkeit in ihrer Nachbarschaft. Es gehörte dem Milliardär Patrick Fitzsimon, der über ihr Eindringen sicher nicht erfreut sein würde.
Mit einer Hand fuhr sie sich durch das völlig durchnässte Haar, mit der anderen strich sie ihre Regenjacke glatt.
Hoffentlich öffnete er ihr nicht selbst die Tür. Sie hatte sein Bild schon in unzähligen Zeitschriften gesehen. Klug und ernsthaft blickte dieser gut aussehende Mann in die Kameras und jedes Mal blieb beim Betrachten der Bilder ihr Herz beinahe stehen.
Im Ort war ihm noch niemand persönlich begegnet. Nur die auf seinem Besitz landenden und startenden Helikopter waren Anzeichen für seine Anwesenheit. Neugierig geworden, hatte sie ihren Nachbarn, der laut Medien zu den zehn reichsten und begehrtesten Junggesellen der Welt gehörte, im Internet recherchiert. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass Aideen sich geschworen hatte, dass ihr Leben eine männerfreie Zone bleiben würde.
Eine stürmische Windböe fegte vom Meer herauf und riss den Ast eines nahegelegenen Baumes zu Boden. Wie mochte nur ihr armes Cottage aussehen? Und wie sollte ihr Geschäft diese Katastrophe überstehen?
Sie unterdrückte die aufsteigende Panik und schlug mit dem Messingklopfer gegen die wuchtige Eingangstür.
„Hallo? Bitte … Ich brauche Hilfe. Ist jemand zu Hause?“
Bitte lass jemanden vom Personal da sein.
Aber nichts rührte sich in dem riesigen Haus. Allmählich dämmerte es ihr. Nur die Außenbeleuchtung des Herrenhauses brannte, im Inneren des Hauses lag alles im Dunkeln.
In ihrer Panik hatte sie das bis jetzt verdrängt.
Wenn nun tatsächlich niemand zu Hause war?
Das ergab keinen Sinn. In einem Haus dieser Größenordnung gab es bestimmt eine Menge Personal. Wahrscheinlich war ihr Klopfen nur durch den Sturm nicht zu hören.
Kaum hatte sie den Messingklopfer wieder angehoben, wurde die Tür aufgerissen. Sie flog nach vorne und stieß mit dem Kopf gegen einen muskulösen Oberkörper. Durch den Zusammenstoß prallte sie zurück und wäre fast unsanft zu Boden gestürzt, wenn sie die zwei kräftige Armen, die sie auffingen, nicht davor bewahrt hätten.
Sekundenlang verharrte Aideen regungslos in dieser Umarmung, bevor diese von beiden Seiten abrupt beendet wurde.
Verlegen starrte sie in die tiefblauen Augen von Patrick Fitzsimon, aus denen er sie misstrauisch musterte.
„Was zum …?“
„Es tut mir leid, wenn ich Sie geweckt habe, aber mein Zuhause steht unter Wasser. Vermutlich werden gerade alle meine Sachen nach Amerika geschwemmt. Ich habe versucht, bis Mooncoyne zu fahren, aber die Straße ist überflutet. Ich war so erleichtert, dass Ihr Eingangstor nicht wie sonst verschlossen war. Ehrlich gesagt, hätte ich mir keinen Rat gewusst, wenn dies der Fall gewesen wäre.“
Mit erhobener Hand gebot er seinem Gegenüber zu schweigen. „Okay. Beruhigen Sie sich. Fangen wir noch einmal an. Sagen Sie mir, wer Sie sind.“
Oh, warum fing sie nur immer an zu quasseln, wenn sie nervös war, und wurde dabei rot wie eine Tomate?
Sie streckte die Hand aus und stellte sich vor. „Ich heiße Aideen Ryan. Ich bin Ihre Nachbarin. Ich wohne im Fuchsia Cottage … ziemlich nah am Meer.“
Er nickte wissend, verschränkte die Arme vor der Brust und fragte m