: Jack Slade
: Lassiter 2326 Totenglocken für Ben Adams
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732543755
: Lassiter
: 1
: CHF 1.80
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: Spannung
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Im Dunkeln taumelte ein Mann auf Lassiter zu. Er machte den Eindruck, als wäre er betrunken. Immer wieder stolperte er über seine eigenen Beine. Vor dem Drugstore griff er nach dem Eckpfosten der Veranda. Er hielt den Kopf gesenkt, die durchlöcherte Krempe seines Stetsons beschattete sein Gesicht.

Lassiter kam näher und blieb stehen. Er hörte, dass der Mann schwer atmete. Der Atem roch nicht nach Schnaps. Es war ein anderer Geruch, den der Mann verströmte: der kampferartige Geruch von Blut.

'Wo wollen Sie hin?', fragte Lassiter.

Der Mann sagte nichts. Wie von einer Axt getroffen brach er auf die Knie. Dann kippte er nach vorn, und sein Gesicht knallte hart auf die Bretter.

Der Mann schlug die Augen auf.

Lassiter sah ihn an. »Wie geht es Ihnen?«, fragte er.

Er hatte den Bewusstlosen aufgehoben, vorsichtig auf die Veranda gelegt und ihm als Nackenstütze den Stetson unter den Kopf gestopft.

Dabei hatte er die zwei Einschusslöcher in der Jacke des Mannes entdeckt.

Im Schein einer Bogenlampe untersuchte Lassiter die Wunden. Unter dem Hemd kam ein laienhafter Verband zum Vorschein. Doch der Stofffetzen hatte seinen Zweck erfüllt. Die Blutung war gestillt.

»Mit mir geht’s zu Ende.« Der Verwundete stemmte sich auf einen Ellbogen. »Wer sind Sie, Mister?«

»Mein Name ist Lassiter.«

»Lassiter«, echote der Mann und sank auf den Boden zurück. »Den Namen muss ich mir merken.«

Lassiter schob seinen Hut höher. »Was ist passiert, Mister? Wer hat auf Sie geschossen?«

Der Mann schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Ich bin Ben Adams, und Sie, mein Freund, sind wahrscheinlich der letzte Mensch, den ich in diesem Leben zu sehen kriege.« Er hielt inne, um Atem zu schöpfen, dann fuhr er fort: »Sie könnten mir einen großen Gefallen tun: Ich brauche einen Beichtvater.«

Lassiter machte die Augen schmal. »Sie wollen die Beichte ablegen?«

»Ja, Sie haben richtig gehört.« Adams fiel das Reden schwer. »Ich will beichten, hier und jetzt. Ich glaube nicht, dass ich es in meinem Zustand noch bis zur Kirche schaffe.«

Lassiter spähte die Straße entlang. Am Ende der Mainstreet bewegten sich Menschen. Dort lag der Amüsierbezirk mit seinen Saloons, Spielhöllen und Bordellen. Das pralle Leben schien greifbar nahe, aber andererseits so weit weg wie der Broadway in New York. Hier, auf der Veranda von Monk’s Drugstore in Castle Rock, war der Tod in Stellung gegangen.

»Fangen wir an«, sagte Adams. Mit sichtlicher Mühe zackte er ein Kreuz in der Luft. »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.«

»Amen.« Lassiter war nicht sicher, wie er sich verhalten sollte. Als Beichtvater hatte er keine große Erfahrung.

Adams bemerkte das und soufflierte: »Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke die wahre Erkenntnis deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit.«

Salbungsvoll wiederholte Lassiter die Worte. »Okay, Ben Adams. Bekenne nun deine Sünden«, fügte er hinzu.

Über Adams’ Lippen glitt ein dünnes Lächeln. Er tat einen langen Atemzug, dann noch einen zweiten, und plötzlich weiteten sich seine Augen, als hätte er einen Ge