1. KAPITEL
„Love me like you do, lala-love me like you do – touch me like you do, tata-touch me like you do!“
Es war spät geworden, fast zwei Uhr nachts.
Samstagnacht.
Oder besser gesagt: früher Sonntagmorgen. Der erste Advent. Dicke flauschige Schneeflocken fielen auf die Windschutzscheibe. Der Scheibenwischer leistete Schwerstarbeit, während Sophie ihren klapprigen Fiat Punto durch das nächtlich verschneite Salzburger Land nach Hause lenkte. Und sich wach hielt, indem sie laut Ellie Gouldings Superhit mitsang, der im Radio lief. „What are you waiting for …?!“
Es wäre geradezu romantisch gewesen – wenn jemand bei ihr gewesen wäre, der ihre schrägen Gesangskünste mit einem süßen Lächeln kommentiert hätte. Doch leider war sie allein.
Sie war mit Jenny unterwegs gewesen, einer Kommilitonin.
Medizinerparty in Salzburg.
Nun, genau genommenAngehende-Mediziner-Party – noch war sie im Vorstudium.
In diesem Moment bereute sie es, dass sie nicht wie Jenny eine Wohnung direkt in Salzburg gemietet hatte, sondern hinaus aufs Land gezogen war – zehn Kilometer vor den Toren der Stadt, wo sie in einem idyllischen Bauernhof lebte. In einer ziemlich hippiemäßigen WG mit ihrer kleinen Schwester und einem weiteren Geschwisterpaar, zwei Veganerinnen aus Oberbayern, mit dem sie und Sarah sich die Miete für den Hof teilten. Tagsüber war es dort sehr charmant, Hunde, Katzen und sogar ein paar Hühner eingeschlossen, die jeden Morgen für frische Eier sorgten. Doch das Nachtleben von Salzburg war eindeutig zu bevorzugen. Und die Kombination von Straßenglätte und bleierner Müdigkeit war nun mal nicht gerade das Rezept, das sie sich selbst als angehende Ärztin für einsame Dezembernächte verschreiben würde.
„Und hier kommt der nächste Hit für Verliebte“, kündigte der Moderator an, der durch die nächtliche Sendung führte.
Doch Sophies Aufmerksamkeit wurde urplötzlich von etwas anderem abgelenkt.
Bremsspuren. Warnblinker … Es musste hier kurz vorher einen Unfall gegeben haben. Zögernd fuhr sie daran vorbei. Was sie sah, erschreckte sie zutiefst: Einen Wagen, der offenbar von der um diese Zeit komplett verwaisten Landstraße abgekommen war und mit leuchtendem Licht und Warnblinker im tiefen Schnee vor einer umgeknickten Tanne stand, die er gerammt haben musste.
Es war nicht irgendein Wagen – nein, normalerweise sah man solche Autos nur in romantischen Filmen oder Automuseen. War es ein Bentley oder Rolls Royce Cabrio? Genau konnte sie es nicht erkennen. Doch was sie sah, bescherte ihr Herzklopfen: Die Fahrertür stand halb offen, und dahinter, im beleuchteten Inneren des Autos – erblickte sie einen Mann hinter dem Lenkrad!
Einen älteren Mann, der anscheinend bewusstlos war.
Sein Kopf lag auf seiner Brust, und er schien sich nicht zu regen.
„Oh nein, bitte nicht …!“, stöhnte sie und lenkte ihren Wagen an den Straßenrand.
Wieso musste so etwas ausgerechnet immer ihr passieren? Noch dazu jetzt – mitten in der Nacht? Sie war stehend k. o. und wollte nur no