PROLOG:
EIGENTÜMERBEZOGENE PRINZIPIEN DER GESCHÄFTSFÜHRUNG1
In gewisser Weise sind unsere Aktionäre recht ungewöhnlich, und das beeinflusst die Art unserer Berichterstattung. Zum Beispiel werden am Ende jedes Jahres etwa 98 Prozent aller ausgegebenen Aktien von den Menschen gehalten, die auch zu Jahresbeginn schon unsere Aktionäre waren. Daher bauen wir in unseren Jahresberichten auf dem auf, was wir Ihnen bereits in den vergangenen Jahren mitgeteilt haben, anstatt ständig umzuformulieren. So erhalten Sie mehr nützliche Informationen, und uns wird nicht langweilig.
Zudem werden etwa 90 Prozent unserer Aktien von Anlegern gehalten, deren größte Investition Berkshire ist, sehr oft sogar die bei Weitem größte. Viele dieser Eigentümer sind bereit, sich recht lange Zeit mit dem Jahresbericht zu beschäftigen, und wir versuchen ihnen die Informationen zu geben, die auch wir für nützlich hielten, wären unsere Rollen vertauscht.
Dagegen enthalten unsere Jahresberichte keine ausschmückenden Worte. Sowohl unsere Aktionäre als auch unsere Manager haben einen sehr langen Zeithorizont, was das Unternehmen betrifft, und es ist schwierig, in jedem Quartal etwas Neues über Dinge von langfristiger Relevanz zu sagen.
Wenn Sie aber eine Mitteilung von uns erhalten, dann kommt sie von dem Kerl, den Sie dafür bezahlen, dass er das Unternehmen leitet. IhrChairman ist fest davon überzeugt, dass die Aktionäre das Recht haben, direkt von ihm zu hören, was gerade passiert und wie er das Unternehmen jetzt und in Zukunft bewertet. In einem privaten Unternehmen würden Sie das verlangen und sollten in einem börsennotierten Unternehmen nicht weniger erwarten. Die Ausarbeitung eines nur einmal jährlich erscheinenden Verwaltungsberichts sollte nicht an einen Spezialisten aus dem eigenen Unternehmen oder an einen PR-Berater delegiert werden, der wahrscheinlich nicht in der Lage ist, ganz offen von Manager zu Aktionär zu reden.
Wir denken, dass Sie als Eigentümer das Recht auf die gleiche Berichterstattung durch Ihre Manager haben, wie die Manager unserer Beteiligungsfirmen sie uns hier bei Berkshire schulden. Natürlich können wir nicht so weit ins Detail gehen, vor allem wenn Informationen für Wettbewerber nützlich wären oder in vergleichbaren Fällen. Doch die allgemeine Bandbreite, die Ausgewogenheit und der Grad der Aufrichtigkeit sollten ähnlich sein. Wir erwarten kein PR-Schreiben, wenn unsere geschäftsführenden Manager uns sagen, wie es gerade aussieht, und wir denken, dass auch Sie kein solches Dokument erhalten sollten.
Unternehmen bekommen größtenteils die Aktionärszusammensetzung, die sie suchen und verdienen. Wenn sie sich in ihrem Denken und ihren Veröffentlichungen auf kurzfristige Resultate oder kurzfristige Konsequenzen an der Börse beschränken, werden sie hauptsächlich Aktionäre anziehen, die sich auf die gleichen Aspekte konzentrieren. Und wenn sie Investoren zynisch behandeln, wird das seitens der Anleger auf sie zurückfallen.
Phil Fisher, ein renommierter Investor und Autor, verglich einmal die Strategie von Unternehmen, für Investoren interessant zu sein, mit der eines Restaurants, potenzielle Gäste anzulocken. Ein Restaurant könnte eine bestimmte Klientel suchen – Kunden für Fast Food, gehobene Gastronomie, orientalische Küche et cetera – und schließlich passende Stammkunden finden. Wenn das gut gemacht wird, sollten diese Kunden regelmäßig wiederkommen, weil sie mit dem Service, den Speisen und dem Preisniveau zufrieden sind. Doch das Restaurant kann nicht ständig seinen Charakter ändern und dann mit einer zufriedenen und stabilen Stammkundschaft rechnen. Wenn einmal französische Küche und dann Grillhähnchen zum Mitnehmen angeboten werden, dann wird es ein Kommen und Gehen verwirrter und unzufriedener Kunden geben.
So verhält es sich auch mit Unternehmen und dem Aktionärstyp, den sie suchen. Man kann es nicht jedem recht machen und gleichzeitig verschiedene Aktionäre suchen, die sich für hohe laufende Erträge, langfristiges Kapitalwachstum, schnelle Kursgewinne et cetera interessieren.
Wir können nicht nachvollziehen, dass ein Management hohe Börsenumsätze seiner Aktie haben möchte. Im Prinzip möchte ein solches Management, dass die bisherigen Aktionäre laufend dem Unternehmen den Rücken kehren, damit neue Aktionäre hinzukommen können – man kann schließlich nicht zahlreiche neue Aktionäre hinzugewinnen, ohne alte zu verlieren.
Viel lieber sind uns Aktionäre, denen unser Service und unsere Speisekarte gefallen und die jedes Jahr wiederkommen. Es wäre schwierig, eine