DEUTSCHE SOZIALDEMOKRATEN
Im April 1981, knapp ein Jahr nach Titos Tod, kam Willy Brandt auf seinen eigenen Wunsch zu einem kurzen Pfingsturlaub nach Jugoslawien. Die nach dem Tod des langjährigen Chefs verunsicherte Führung des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens war hoch erfreut. Die politischen Gespräche in Belgrad waren auf Wunsch des Gastes kurz, dann fuhr er ins Hotel „Maestral“ etwas südlich von Budva an die Adria. Da er Wert auf einen privaten Aufenthalt legte und absolut keinen Trubel wünschte, sollte es keinen „großen Bahnhof“ geben. Es wurde kein „Ehrenbegleiter“ von hohem Rang bestimmt, stattdessen schickte man mich – nicht nur als Dolmetscher, sondern sozusagen als Vertreter Belgrads – mit auf die Reise. Ich hatte früher schon oft für Brandt gedolmetscht und ihn als Journalist seinerzeit interviewt, als er 1960 noch Regierender Bürgermeister von Berlin gewesen war; so war ich ihm schon seit langem bekannt.
Einigermaßen kannte ich die Biografie dieses Mannes, der es sich bescheiden leisten konnte, die Ehren, die ihm meiner Meinung nach durchaus zu Recht erwiesen wurden, ein wenig schmollend abzulehnen. Ich wusste, dass er als uneheliches Kind zur Welt gekommen war, und auch die Kapitel seines Lebens in Spanien, später in Norwegen und Schweden sowie seine Rückkehr nach Deutschland, zu dessen Veränderung er so viel beigetragen hatte, waren mir durchaus bewusst. Ich muss zugeben, ich war eitel; mir behagte es, Chauffeuren und Polizisten Weisungen geben zu dürfen, aber das war sein Verdienst, nicht meines.
Das Wetter war schlecht. Im „Maestral“ hatten Brandt und seine neue, junge Frau Brigitte Seebacher eine Suite bezogen, eine Art Penthouse.
Keine „große Begleitung“, kein Trubel? Mit den Gästen waren zwei deutsche Leibwächter mitgekommen. Aus Belgrad waren außer mir ein Beamter des Protokolls und ein Vertreter der Geheimpolizei als Verbindung zum Personenschutz vor Ort mit von der Partie. Montenegro stellte ebenfalls einen Protokollbeamten, zwei persönliche Leibwächter und eine sogar mir unbekannte Anzahl von sonstigen Polizisten in Uniform und Zivil zur Verfügung. Außerdem stand eine ganze Flotte von Autos jederzeit für uns bereit. Alle diese Begleiter speisten und tranken auf Kosten der Partei, langweilten sich, spielten Karten oder Schach oder lungerten einfach herum und gingen Brandt auf die Nerven.
Frau Brigitte hatte ich vorher nie gesehen. Ich muss eingestehen: Ich war wie so viele andere, die Rut, die vorherige Gattin Brandts, gekannt hatten, unter deren Bann geblieben. Als wir viel früher – ich hatte eben meinen Dienst als Botschaftsrat für Presse und Kultur angetreten – in Bonn zum ersten Mal das Theater besuchten, betrat Rut Brandt zufällig nach uns das Foyer und wirkte so selbstsicher und strahlend, so fantastisch, dass meine Frau mich fragte, ob das eine große Filmschauspielerin sei. Wenn eine Ballerina wie meine Frau von einer anderen Frau so angetan ist,