1. KAPITEL
Noah Cooper konnte sein Glück kaum fassen.
Er lenkte den Wagen in die Maple Street und fuhr langsam die Straße hinunter. Schon von Weitem konnte er das „Zu vermieten“-Schild sehen, das im Hof eines großen dreistöckigen Hauses im viktorianischen Stil prangte.
Er parkte am Straßenrand und stieg aus. Aufmerksam betrachtete er die Tafel. Ein Pfeil deutete zum Rasen. „Gepflegtes kleines Ferienhaus. Komplett ausgestattet“, stand in kleineren Buchstaben darunter. Noah vermutete, dass es sich hinter dem Haupthaus befand.
Er atmete tief durch. Das wardie Chance. Sein neuer Job fing schon mal gut an. Jetzt musste er nur noch als Mietinteressent überzeugend wirken.
Die Steinplatten zum Haus waren verwittert und lose. Auch die breite Veranda, die um das ganze Haus herumführte, hatte schon bessere Zeiten gesehen, und die Farbe blätterte von der Fassade.
Trotzdem hatte sich jemand viel Mühe gegeben, dem Haus eine einladende Note zu verleihen. Blumen blühten in großen Töpfen auf der Veranda und im Hof, und der Rasen war gerade erst gemäht worden.
Er betrat die Veranda und drückte auf den Klingelknopf. Nichts regte sich. Er ging um das Haus. Dann sah er das mit Schindeln gedeckte Ferienhaus.
Für seinen Geschmack hatten die Blumenkästen und die kleinen Gardinen eine unverkennbar weibliche Note – doch er hätte keinen idealeren Ort finden können.
Die Tür des Häuschens stand einen Spalt offen. Noah lugte hinein. In diesem Moment hörte er die Musik. Neugierig spähte er durch den Türspalt. Man konnte in das Wohnzimmer sehen, wo es einen kleinen Kamin, zwei Sessel und einen niedrigen Tisch gab. An der gegenüberliegenden Wand befanden sich mehrere kleine Schränkchen und Vitrinen mit antiquiertem Haushaltsgerät.
Na schön, das Haus war komplett eingerichtet – aber aus welcher Epoche?
Er schob die Tür ein Stück weiter auf. Da entdeckte er die Frau auf dem Fußboden. Auf Händen und Knien schrubbte sie den Boden und wandte ihm den Rücken zu. Ihre Hüften bewegten sich im Rhythmus zu dem Countrysong, der aus einem altmodischen Radio klang.
Sein Blick glitt über ihre Hüften und den runden Po. Sie trug ein schmales Trägerhemd und Shorts, die viel von ihren hübschen Beinen enthüllten. Ihr langes helles Haar war zu einem Knoten gedreht, doch einige Strähnen hatten sich gelöst und fielen ihr auf die Schultern.
Noah spürte, wie sich etwas in ihm regte. In seinem Job kam das nicht oft vor. Ganz gleich, mit welchen Menschen er es zu tun hatte, er ließ sich von nichts und niemandem ablenken. „Entschuldigen Sie, Ma’am!“, rief er über die Musik hinweg.
Lilly wirbelte erschrocken herum. Beim Anblick des Fremden im Türrahmen sprang sie auf und stieß mit dem Kopf schmerzhaft gegen die Lampe.
Der Mann machte besorgt einen Schritt auf sie zu, doch sie hob die Hand und hielt ihn auf Abstand.
„Geht es Ihnen gut?“
Lilly nickte. Sie schaltete das Radio aus und musterte den Eindringling.
Er war ziemlich groß und muskulös. Er hatte dichtes, fast schwarzes Haar und hellbraune Augen. An seiner Kleidung war nichts Auffälliges: Er trug verwaschene, aber saubere Jeans, Stiefel und ein kurzärmeliges Shirt. So lief hier fast jeder herum, doch die vergangenen Jahre hatten Lilly misstrauisch gemacht.
„Wer sind Sie?“, fragte sie barsch.
„Ihr neuer Mieter, hoffe ich.“ Er deutete hinaus. „Ich habe das Schild gesehen. Mein Name ist Noah Cooper.“
„Lilly Perry. Ich bin allerdings nicht die Vermieterin. Das ist meine Mutter, Beth Staley.“ Ihrer Mutter gehörte auch das Haupthaus. Sie hatte beschlossen, das Ferienhaus zu vermieten – doch Lilly rechnete nicht damit, dass sie es einem Fremden überlassen würde.
„Dann werde ich wohl warten müssen, bis Ihre Mutter wied