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Die Mohnblumen waren kein gutes Zeichen. Ein Todesomen. Schlimmer konnte es nicht kommen.
Wir hatten sie nämlich gar nicht gepflanzt. Vor Jahren hatte ein Gärtner tatsächlich einmal vorgeschlagen, Mohnblumen zu pflanzen, aber meine Mutter war natürlich dagegen gewesen. »Aus Mohnblumen macht man Opium«, hatte sie im Flüsterton des Grauens verkündet, als könnten ihre Freundinnen aus der gehobenen Gesellschaft zu dem Schluss kommen, dass wir in unserem Keller eine Opiumhöhle betrieben. Am liebsten hätte ich damals laut gelacht und ihr erklärt, dass man für Drogen eine andere Mohnart benötigt. Aber das hatte ich nicht getan. Mohnblumen in unserem Garten lehnte ich selbst aus tiefstem Herzen ab.
Ein alberner Aberglaube. So schien es jedenfalls. Aber wenn ich Omen und Zeichen sehe, dann haben sie auch etwas zu bedeuten.
Gerade einmal ein paar Wochen waren vergangen, seit ich das Haus meiner Familie verlassen hatte, geflohen war vor dem Medienwirbel, der ausbrach, als bekannt wurde, dass meine echten Eltern berüchtigte Serienmörder waren. Zwar arbeitete ich momentan daran, mir ein neues Leben aufzubauen, doch hatte ich heute beschlossen, einen Abstecher zu dem derzeit verlassenen Haus zu machen und mir ein paar Sachen zu holen. Ich warf meine vollgepackten Koffer in den geborgten Buick und ging hinaus in den Garten, um schnell noch eine Runde zu schwimmen. Später, ich fuhr mir auf dem Rückweg zur Vorderseite des Hauses gerade mit den Fingern durch das nasse Haar, fiel mir ein roter Farbtupfer im Steingarten auf.
Mohnblumen.
Ich bückte mich und rieb an der seidigen roten Blüte. Sie fühlte sich durchaus echt an. Schnell holte ich mein Telefon hervor, schoss ein Foto und kontrollierte das Ergebnis. Jepp, ich sah immer noch Mohnblumen. Was bedeutete, dass sie auch außerhalb meines Kopfes existierten. Immer ein gutes Zeichen.
Abgesehen davon, dass Mohnblumen einschlechtes Zeichen waren.
Ich schüttelte den Gedanken schnell ab, bog um die Ecke und …
Da saß jemand auf meinem Fahrersitz.
Blitzartig schaute ich mich zu den Mohnblumen um. Ein Mörder, der mir heimlich auflauerte? Vor drei Wochen hätte ich das als lächerlich empfunden. Das war, bevor ich die Wahrheit über meine Vergangenheit herausgefunden hatte.
Trotzdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Attentäter so gut sichtbar in meinem Wagen auf mich warten würde. Genauso wenig würde sich jemand auf das Grundstück schleichen, um einen fünfzehn Jahre alten Buick zu klauen, wenn doch in der Garage weiter hinten ein halbes Dutzend antiker Sportwagen stand.
Die derzeit wahrscheinlichste Erklärung? Es war ein Reporter, der sich etwas hatte einfallen lassen.
Ich ging langsam um den Wagen herum. Die