: Isabell Rohde
: Nur das Spielzeug ihrer Mutter Sophienlust 117 - Familienroman
: Blattwerk Handel GmbH
: 9783740911386
: Sophienlust
: 1
: CHF 3.10
:
: Erzählende Literatur
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Ein lauer Sommerwind wehte Carlotta Hansen entgegen, als sie auf das alte Häuschen der Dörings zuschritt. Kein Laut rührte sich. Es war so still, dass sie das zarte Geräusch der hin und her wiegenden Tulpenstengel wahrnehmen konnte. Carlotta sah sich um, bevor sie das Haus betrat. Der Garten der Dörings war wundervoll gepflegt, und der Rosenstock, der sich an der Hausmauer bis unter das tiefgezogene Dach emporrankte, zeigte die ersten Knospen. Es war Mai, und überall schien neues Leben zu erwachen. Auch hier, bei dem alten Ehepaar. Bevor Carlotta eintrat, klopfte sie heftig gegen die Holztür. Dann öffnete sie diese und rief in den Flur hinein: »Frau Döring, ich bin es. Carlotta Hansen.« Sofort hörte sie schnelle Schritte. Die alte Dame eilte die Treppe herab. Sie war zierlich und schlank. Ihr weißes Haar war noch voll, ihre Augen strahlten in einem intensiven Blau. Aber als sie der jungen Sozialhelferin die Hände entgegenstreckte, ging nicht mehr so viel Lebensfreude von ihr aus wie sonst. »Kommen Sie, Carlotta. Kommen Sie in die Küche. Ich habe einen Kaffee gekocht. Den trinken Sie doch so gern. Und Kuchen habe ich auch.« Fürsorglich tätschelte sie die Hand der jungen Frau und zog sie mit sich. In der Küche hingen rot-weiß karierte Gardinen. Aus dem gleichen Stoff war die Tischdecke. Das dunkelbraune Keramikgeschirr darauf wirkte äußerst gemütlich. Und ein selbstgebackener Marmorkuchen prangte in der Mitte des Tisches. »Aber Frau Döring, wie viel Arbeit haben Sie sich wieder gemacht! Sie sollten nicht so viele Umstände machen. Jetzt, da ihr Mann aus dem Krankenhaus zurück

Ein lauer Sommerwind wehte Carlotta Hansen entgegen, als sie auf das alte Häuschen der Dörings zuschritt.

Kein Laut rührte sich. Es war so still, dass sie das zarte Geräusch der hin und her wiegenden Tulpenstengel wahrnehmen konnte.

Carlotta sah sich um, bevor sie das Haus betrat. Der Garten der Dörings war wundervoll gepflegt, und der Rosenstock, der sich an der Hausmauer bis unter das tiefgezogene Dach emporrankte, zeigte die ersten Knospen. Es war Mai, und überall schien neues Leben zu erwachen. Auch hier, bei dem alten Ehepaar.

Bevor Carlotta eintrat, klopfte sie heftig gegen die Holztür. Dann öffnete sie diese und rief in den Flur hinein: »Frau Döring, ich bin es. Carlotta Hansen.«

Sofort hörte sie schnelle Schritte. Die alte Dame eilte die Treppe herab. Sie war zierlich und schlank. Ihr weißes Haar war noch voll, ihre Augen strahlten in einem intensiven Blau. Aber als sie der jungen Sozialhelferin die Hände entgegenstreckte, ging nicht mehr so viel Lebensfreude von ihr aus wie sonst.

»Kommen Sie, Carlotta. Kommen Sie in die Küche. Ich habe einen Kaffee gekocht. Den trinken Sie doch so gern. Und Kuchen habe ich auch.« Fürsorglich tätschelte sie die Hand der jungen Frau und zog sie mit sich.

In der Küche hingen rot-weiß karierte Gardinen. Aus dem gleichen Stoff war die Tischdecke. Das dunkelbraune Keramikgeschirr darauf wirkte äußerst gemütlich. Und ein selbstgebackener Marmorkuchen prangte in der Mitte des Tisches.

»Aber Frau Döring, wie viel Arbeit haben Sie sich wieder gemacht! Sie sollten nicht so viele Umstände machen. Jetzt, da ihr Mann aus dem Krankenhaus zurück ist, müssen Sie ihn doch pflegen, damit er wieder gesund wird.«

Über das Gesicht der alten Dame huschte ein nervöses Zucken. Sie holte die Kaffeekanne vom Herd und schenkte Carlotta und sich selbst ein. Unruhig blickten ihre Augen über den Tisch, als fehle etwas.

Carlotta Hansen glaubte ihre Gedanken zu erraten. »Ist Sonja nicht zu Hause?« fragte sie.

Sonja war die Enkelin der Dörings. Sie wuchs bei den Großeltern auf und war der Sonnenschein der alten Leute.

»Sie ist heute zu einem Kindergeburtstag eingeladen. Drüben, in der Stadt. Darum habe ich Sie ja so dringend zu mir gebeten, Carlotta. Ich muss wegen Sonja mit Ihnen sprechen.«

»Ist etwas geschehen? Hat sie Schwierigkeiten in der Schule?« Carlotta setzte die Tasse ab. Die siebenjährige Sonja war ein heiteres intelligentes Kind. Carlotta konnte sich kaum vorstellen, dass sie den Großeltern irgendwelchen Kummer machte.

Anna Döring schüttelte langsam den Kopf. Ihre Hand nestelte ein Taschentuch hervor. Sie legte es vor ihre Augen, bevor sie erwiderte: »Es geht nicht einmal um Sonja, Carlotta. Sondern um meinen Mann.«

»Geht es ihm denn nicht gut? Er ist doch gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden …«

Carlotta sprach nicht weiter. Als Sozialhelferin sah sie viel Elend. Sogar hier, in dem Provinzstädtchen, gab es viel verstecktes Leid. Das Ehepaar Döring hatte immer zu ihren Freunden gehört, obwohl sie sich beruflich darum kümmern musste, dass Sonja bei den beiden gut aufgehoben war. Bisher hatte sie noch nie irgendwelche Beanstandungen gehabt. Das Kind fand bei den alten Leuten die Geborgenheit und Liebe, die es benötigte. Sollte das nun anders sein, weil der Großvater eine schwere Krankheit überwunden hatte? Oder war sein Gesundheitszustand doch nicht so zufriedenstellend, wie sie angenommen hatte?

»Mein Mann schläft jetzt«, sagte Anna Döring ruhig. »Er kann uns nicht hören.« Sie griff über den Tisch nach Carlottas Hand. Die Sozialhelferin spürte, wie ein Zittern durch die abgearbeiteten Hände der Frau ging. »Seine Krankheit ist unheilbar, Fräulein Carlotta. Er ist nur deshalb aus dem Krankenhaus entlassen worden, damit er die letzten Wochen seines Lebens in meiner Nähe verbringen kann. Noch kann ich ihn allein pflegen. Aber schon in einem Monat werde ich eine Krankenschwester benötigen. Bald wird es dem Ende zugehen.«

Die alte Dame hatte ruhig und gefasst gesprochen. Aber Carlotta war nun den Tränen nahe. Wie gut erinnerte sie sich noch an Sonjas Großvater. Noch letztes Jahr hatte er ihr immer vom Garten aus entgegengewunken, wenn sie ihr Fahrrad den kleinen Hügel hinaufgeschoben hatte. War sie