1. KAPITEL
Jenna zerbrach sich den Kopf über einen Kranz, den eine Familie für eine Beerdigung am kommenden Mittwoch bestellt hatte. Ein sehr aufwendiges Design war gewünscht. Sie hatte es beinah geschafft; es fehlte nur noch die Bestätigung des Großhändlers, dass er den lilafarbenen Flieder, die Lieblingsblume der verstorbenen Großmutter, liefern konnte.
Der Türsummer vorn im Laden kündigte einen Kunden an. Sie wartete ab, ob ihre neue Mitarbeiterin sich um ihn kümmern würde. Doch sehr bald wurde die Klingel auf der Ladentheke betätigt. Wahrscheinlich war Millie hinten im Kühlraum – oder sie telefonierte wieder draußen übers Handy mit ihrem Freund. Leider war Letzteres wahrscheinlicher.
Im Geiste machte Jenna sich eine Notiz. Sie würde dem Mädchen erklären, dass sie während der Arbeitszeit tatsächlich zu arbeiten hatte. Dann erhob sie sich von ihrem Schreibtisch, setzte ein Lächeln auf und ging hinaus in den Verkaufsraum. Ihr Lächeln gefror jedoch schlagartig, als sie Dylan Lassiter erkannte. In all seiner Pracht stand er mit dem Rücken zu ihr. Seine Aufmerksamkeit galt offensichtlich den vorgefertigten Sträußen, die sie in der Kühlzone des Ladens vorrätig hielt.
Ihr Körper reagierte sofort. Hitze, Verlangen und der Schock des Wiedersehens ließen sie erschauern. Das letzte Mal waren sie sich in einer engen Garderobe begegnet, zu der sie spontan Zuflucht genommen hatten … um das erotische Feuer zu löschen, das plötzlich und unkontrollierbar zwischen ihnen aufgeflammt war. Die Funken flogen damals so heftig, dass sie beinah erleichtert war, als Dylan an seinen Wohnort L. A. zurückkehrte. Beinah.
Jenna unterdrückte den Drang, schützend eine Hand auf ihren Bauch zu legen. Von dem Tag an, als ihre Schwangerschaft bestätigt wurde, hatte sie gewusst, dass sie Dylan irgendwann davon erzählen musste. Sie hatte nicht vorgehabt, das jetzt zu tun. Anfangs war sie ein wenig gekränkt, weil er nach dieser unglaublichen Begegnung keinen Kontakt zu ihr aufgenommen hatte. Sie konnte verstehen, dass er nach dem plötzlichen Tod seines Vaters zu beschäftigt war, um sie anzurufen. J. D. Lassiter war während des Probedinners zur Hochzeit von Dylans Schwester an einem Infarkt gestorben. Aber später, als sich alles wieder ein wenig beruhigt hatte?
Innerlich gab sie sich einen Ruck. Nein, eine Beziehung konnte sie nicht gebrauchen. Vor allem nicht mit jemandem, der so bekannt war wie Dylan Lassiter. Nicht, nachdem sie jahrelang an der Wiederherstellung ihres guten Rufs gearbeitet hatte. Sie hatte sich bewusst entschieden, ihn nicht anzurufen. Und obwohl es sie ein wenig kränkte, dass er offenbar dasselbe beschlossen hatte, würde sie darüber hinwegkommen müssen.
„Kann ich Ihnen helfen?“ Sie tat, als hätte sie ihn nicht erkannt, ihre Stimme gehorchte ihr zum Glück einigermaßen. Dylan drehte sich sogleich um und durchbohrte sie mit seinem Blick. Einem durchdringenden Blick aus tiefblauen Augen.
Plötzlich war ihre Kehle wie zugeschnürt. Ein perfekt geschnittener blaugrauer Anzug betonte seine breiten Schultern, ein weißes Hemd mit blassblauer Krawatte unterstrich den warmen Braunton seiner Haut. Ihr Mund wurde trocken. Es war geradezu unverschämt, dass ein Mann gleichzeitig so maskulin und so schön sein konnte.
Eine Strähne sanft gewellten Haars fiel ihm ins Gesicht. Am liebsten hätte sie sie ihm aus der Stirn gestrichen, wäre ihm mit den Fingern über das stoppelige Kinn gefahren. Sie ballte die Fäuste, grub die Nägel in die Handflächen und rief sich ins Gedächtnis, wohin das unweigerlich führen würde.
Er war wie eine Droge für sie. Einem kurzen Höhepunkt folgte das schreckliche Verlangen nach mehr. Die Sucht. Sie konnte immer noch nicht fassen, was sie zweieinhalb Monate zuvor getan hatte. Sie, die immer so vorsichtig gewesen war, war schwanger von einem Mann, den sie am Tag der Empfängnis erst kennengelernt hatte! Ein Mann, den sie kaum kannte und über den sie dennoch so viel wusste. Genug jedenfalls, um seinem Charme nicht auf diese Weise zu erliegen.
Es war buchstäblich ein One-Night-Stand, dachte sie zynisch. Der enge Garderobenschrank hatte nichts anderes zugelassen. Ihr Körper erinnerte sich an jede Sekunde und reagierte jetzt erneut darauf.
„Jenna“, sagte Dylan und nickte langsam.
„Dylan“, antwortete sie und tat überrascht. „Was führt dich nach Cheyenne?“
Innerlich stöhnte sie auf. Die Eröffnung. Deswegen war er hier. Die örtliche Handelskammer … nein, die ganze Stadt … war aus dem Häuschen wegen dieser Neuigkeit. Seit Wochen versuchte sie, alles zu ignorieren, was mit der Familie Lassiter zu tun hatte, aber den Mann vor ihr konnte sie schlecht übersehen.
Den Vater ihres ungeborenen Kindes.
Hinten aus dem Laden kam ein