Kapitel 2
Fertigessen macht wirklich fertig.
Bye bye, Glutamat und Co.
Ich wurde Mitte der Achtzigerjahre in eine Trendwelle gesunder Ernährung hineingeboren. Meine Eltern zogen bei diesem Trend fleißig mit – zumindest bis Anfang der Neunziger – und vermieden jede Form von Fertigessen. Nur Bio, Vollkorn und Selbstgemachtes kam auf den Esstisch. Bereits als Baby bekam ich täglich Sojamilch und selbst gekochten Gemüse- und Obstbrei. Als ich dann alle Milchzähne hatte und mit dem Essen so richtig loslegen konnte, dominierten Hirse, Vollkornreis und Gemüse den Speiseplan. Meine Eltern besaßen sogar eine eigene Getreidemühle aus Holz, die mit ihrem Umfang fast die komplette Arbeitsplatte der Küche in Anspruch nahm. Aber das machte nichts, denn sie wurde ja fleißig genutzt, um das Vollkornmehl fürs tägliche Brot zu mahlen. Fertigessen gab es aus Prinzip nicht, von Süßigkeiten ganz zu schweigen. Das Höchste der Gefühle waren Honig-Gummibärchen aus dem Reformhaus.
Man kann also grob zusammenfassen, dass ich die ersten acht Lebensjahre weitestgehend ohne künstliche Zusatzstoffe in der Nahrung aufgewachsen bin.
Doch dann, zu Beginn der Neunzigerjahre, endete die extrem gesundheitsbewusste Phase meiner Eltern im Zuge ihrer Trennung. Ich lebte bei meiner Mutter und der Alltag einer alleinerziehenden berufstätigen Frau mit zwei Kindern ließ den zuvor sehr hohen Aufwand der Nahrungszubereitung verständlicherweise nicht mehr zu. Also wurden nach und nach praktische Fertigprodukte und andere verarbeitete Lebensmittel in den familiären Speiseplan integriert – so wie in vielen anderen Familien eben auch. Was sollte daran auch schlimm sein? Obst und Gemüse gab es ja trotzdem noch. Ich freute mich damals ungemein, endlich auch mal die gleichen Köstlichkeiten wie meine Freundinnen essen zu dürfen: Kartoffelpüree aus der Tüte, Fix-Suppen und Soßenpulver, Pudding aus dem Kühlregal und Softdrinks in Plastikflaschen. Die Sachen schmeckten so anders und viel intensiver und das Tollste war: Die Zubereitung ging so schnell – Dose auf, warm machen, fertig! Hinterher noch ein paar Kekse und ich war zufrieden. Auch fühlte ich mich meinen Freundinnen und Klassenkameraden zugehöriger. Es war einfach cool, zu Hause das Essen aus der TV-Werbung zu haben und auf dem Pausenhof den Schokoriegel anstelle einer ungeschälten Bio-Möhre auszupacken.
Ich durfte auf einmal essen, was ich wollte, und für mich war das damals ein Geschenk des Himmels. Ich erinnere mich, dass ich als kleines Mädchen – noch während der alternativen Ernährungsphase meiner Eltern – immer davon geträumt hatte, Schokolade und Co essen zu dürfen. Kein Wunder, da ich ja außer an den Kindergeburtstagen meiner Freunde, an Weihnachten oder Ostern kaum damit in Berührung kam. Entsprechend war es für mich wie ein wahr gewordener Traum, als in unserem Vorratsschrank irgendwann auch Chips, Gummibärchen und Schokoladenkekse zu finden waren.
Die Ernährungsumstellung von sehr gesund auf eher normal bis ungesund rächte sich allerdings mit der Zeit. Nach einigen Monaten hatte ich erstmals mit gesundheitlichen Probleme zu kämpfen: Bauchkrämpfe, plötzliche Erschöpfungszustände und generelle Trägheit. Meine Noten wurden schlechter, ich hatte keine Lust mehr, zum Sport zu gehen, und verbrachte meine Zeit nach der Schule erschreckend gern vor dem Fernseher. Ich wurde einfach faul. Natürlich kann man das auch mit dem sich anbahnenden Beginn der Pubertät in Verbindung bringen, aber für mich war diese plötzliche Trägheit eher ungewöhnlich, da ich von klein auf ein sehr ehrgeiziger Natur- und Sportfreak gewesen war. Zum einen machte mir die Scheidung meiner Eltern natürlich zu schaffen, zum anderen war ich rückblickend betrachtet die Zusatzstoffe, im Vergleich zu manch anderem, ja nicht von klein auf gewohnt. Mein Körper war g