Der Unersättliche
von Ernst Vlcek
1. Kapitel
Buzios
Das »batacuda« genannte Samba-Happening hatte seinen Höhepunkt längst überschritten, sodass sich der Gastgeber Marcos Freyre etwas einfallen lassen musste, um seine Gäste bei Laune zu halten.
»Bringt ein Ferkel«, befahl er seinen Dienern.
Zustimmendes Gemurmel der Männer und verzückte, ängstliche Ausrufe der Damen zeigten an, dass man ahnte, was das kommende Schauspiel bringen würde.
Marcia da Rochas fröstelte. Sie wollte sich ins Haus zurückziehen, um das blutig-grausame Schauspiel nicht mit ansehen zu müssen.
Aber da tauchte Lonrival da Silva vor ihr auf und versperrte ihr tänzelnd den Weg. Wollte sie nach links ausweichen, bewegte er sich im Samba-Rhythmus in dieselbe Richtung, machte sie einige Schritte nach rechts, erschien er plötzlich dort.
Er grinste, schüttelte die silberne Rassel, die Adja, und machte unnachahmliche schlenkernde Bewegungen. Unter seinem breiten Strohhut waren nur die dunkle Sonnenbrille und der breite, grinsende Mund zu sehen. Manchmal gab er seltsame Laute von sich.
Im Hintergrund quiekte kläglich das Ferkel, das von drei Dienern hinauf zum Teich geschleppt wurde, der das Anwesen von Marcos Freyre abgrenzte. Die Gäste folgten ihnen in einer ausgelassenen Prozession.
Marcia vergaß ihr Vorhaben und bewegte sich mit Lonrival im Samba-Rhythmus. Sie tänzelte hinter ihm drein. Die »batidinha« schwappte aus ihrem halb vollen Glas, aber Marcia merkte es nicht. Es schien ihr auch gar nicht bewusst zu sein, dass Lonrival da Silva sie zum Teich hinaufführte. Sie war wie in Trance –Xango, wie man hier sagte.
Da war der Teich. Wenn man auf die ruhige, leicht gekräuselte Wasseroberfläche blickte, konnte man nicht ahnen, was für Schrecken darunter lauerten. Aber Freyres Gäste waren Eingeweihte, und wer neu war, wie etwa der deutsche Weltenbummler Hubert Keller, wurde schnell aufgeklärt.
»Pass gut auf, Hugh, was passiert, wenn das Ferkel ins Wasser geworfen wird. Da ist die Hölle los ... Es ist unglaublich, welchen Heißhunger Marcos' Tiere entwickeln. Er verfüttert täglich ein Dutzend Schweine an sie. Ein teurer Spaß, aber er kann sich diesen Luxus leisten.«
Marcia fand wieder zu sich selbst zurück. Sie begegnete kurz dem Blick von Keller.
Er lächelte sympathisch. Eigentlich passte er gar nicht in diese versnobte Clique.
Marcia wollte sich abwenden, aber da v