Nach uns die Hölle
von Uwe Voehl
nach einem Exposé von Susanne Wilhelm
1. Kapitel
Paris
Mystys Didgeridoo webte rhythmische Klangteppiche über die Tundra.
Jason dagegen hatte es nach draußen zum Schneemobil getrieben, um sich eine Flasche Whisky aus seinem Gepäck zu holen. Eigentlich hatte er sich geschworen, die letzte Etappe clean zu bleiben. Das, was sie beide erwartete, würde er nur mit klarem Kopf bewältigen können.
Jason McCullough war Schotte. Menschen, die ihn zum ersten Mal sahen, waren versucht, den bärenstarken, wortkargen Mann vorschnell in die Kategorie Rocker einzugruppieren. Äußerlich erfüllte er alle Klischees: Das lange schwarze Haar war zu einem dicken Zopf geflochten, die rechte Wange zierte eine lange Narbe, die er sich bei einer Messerstecherei zugezogen hatte, und seine Arme waren vollständig tätowiert. Zu Hause in Schottland fuhr er am liebsten auf seiner Harley die hügeligen Straßen seiner Heimat ab. Aber seine Leidenschaft für das Rockerleben beschränkte sich tatsächlich auf seine Harley und die damit verbundene Freiheit, die sie ihm schenkte. Er gehörte keiner Bikergang an, und die Sache mit dem Messerkampf lag schon lange zurück. In der Magischen Bruderschaft galt er als Tüftler. Für ihn gab es keine Probleme, nur Herausforderungen, die es zu überwinden galt. Wenn er einmal eine Aufgabe übernommen hatte, führte er sie bis zum Ende aus. Egal, wie lange es dauerte und wie mühsam der Weg war.
Von seiner dänischen Mutter hatte er die Gabe der Runenmagie geerbt. Zugleich beherrschte er eine ganz spezielle Form der Synästhesie: Sein Gehirn setzte alle Gedanken, Wahrnehmungen und Sinnesreize in Runen um. In Ausnahmesituation wurden die von ihm erzeugten Runen auch für Außenstehende sichtbar. Sie schwebten dann wie filigrane Schatten um ihn herum, hüllten ihn ein und beschützten ihn.
McCullough stapfte über die gefrorene Schneedecke. Sie war so hart, dass noch nicht mal ein Knirschen zu hören war. Obwohl es nur wenige Meter bis zu dem Schneemobil waren, drang die erbarmungslose Kälte sofort durch seinen schützenden Anzug. Lautlos fluchte er vor sich hin. Er befand sich an einem der abgelegensten und kältesten Orte, an denen er je gewesen war. Aber gerade das hatte ihn gereizt: Eine Herausforderung anzunehmen, die selbst für ihn völlig neu war. Natürlich hatte er sich mental auf die Mission vorbereitet. Er wusste, was ihn er