LUDWIG
Ich glaube, ich verlange nichts Unmögliches. Scheidungen sind nun mal ihrem Wesen nach unangenehm, das darf auch jemand sagen, der noch nie geschieden wurde. Jedenfalls habe ich nicht die Absicht, eine möglichst harmonische Sache daraus zu machen. Ich will nicht verschweigen, daß Amandas Entschluß, sich von mir zu trennen, mich hart getroffen hat, hart und vollkommen unvorbereitet. Ich werde Ihnen später von meinen Versuchen erzählen, sie umzustimmen, es waren nicht sehr viele. Ich habe schnell gespürt, wie sinnlos solche Bemühungen gewesen wären. Natürlich möchte ich die Geschichte ohne großes Blutvergießen hinter mich bringen, verstehen Sie das aber nicht als Bereitschaft, in allen Streitfragen nachzugeben. Eigentlich möchte ich von keiner einzigen meiner Forderungen abrücken, sie sind ohne Ausnahme gerechtfertigt. Ich weiß, was Sie sagen wollen: daß es ein Unterschied ist, ob man sich im Recht fühlt oder ob man recht hat. Ichhabe recht. Sie werden sehen, daß wir die besseren Karten in der Hand halten.
Also: Den Wagen möchte ich behalten. Wir haben ihn mit Hilfe der Redaktion bekommen, mit Hilfemeiner Redaktion, und es wäre merkwürdig, wenn ich schon wieder hingehen und sagen müßte, ich brauche einen neuen. In meinem Beruf ist man ohne Wagen halbtot, Amanda dagegen braucht keinen. Außerdem fährt sie so, daß es einem den Magen umdreht. Wenn ich ihr Feind wäre, würde ich sagen: Nimm das Auto und fahr los.
Auf unser Wochenendgrundstück würde ich im Gegenzug verzichten. Es hat beinah auf den Pfennig so viel gekostet wie der Fiat, man könnte beides miteinander verrechnen. Auch an dem Grundstück hänge ich, nur ist mir, im Unterschied zu Amanda, bewußt, daß man nicht alles haben kann. Für mein Leben gern wäre ich in der Lage zu sagen, daß sie alles behalten und damit glücklich werden soll. Ich gönne ihr das sorgenfreiste Leben, aber doch nicht um den Preis, daß ich dafür zum Bettler werde!
Wenn ich behauptet habe, daß ich deshalb auf meinen Forderungen bestehe, weil ich sie für gerechtfertigt halte, dann ist das so nicht richtig. Ich verlange nichts, was ich nichtbrauche. Zum Beispiel existiert eine Brillantbrosche von meiner Großmutter, das einzige Wertobjekt, das ich je geerbt habe. Es ist doch wohl keine Frage, daß die mir zustehen würde, aber ich käme nie auf die Idee, sie von Amanda zurückzuverlangen.
Die Wohnung will ich auf keinen Fall hergeben. Ich bin der Verlassene, ich bin der Leidtragende. Ich denke nicht daran, mich auch noch davonzuschleichen. Möglicherweise wird Amanda behaupten, wir hätten die Wohnung nur den Beziehungen ihrer Mutter zu verdanken, einer großartigen Frau übrigens, und das könnte ich nicht einmal abstreiten. Aber hat es nicht Sinn zu fordern, daß der Verlassene bleibt und der Verlassende geht? Wenn man Ehen aufkündigen und zugleich durchsetzen könnte, daß der andere verschwindet, was meinen Sie, was auf der Welt dann los wäre.
Ein heikler Punkt ist das Kind. Ich will offen zu Ihnen sein: Ich will den Jungen nicht haben. Ichkann ihn nicht nehmen. Wie soll