Einleitung
Auf die Frage, die der Titel dieses Buchs aufwirft, kann es keine einfache und eindeutige Antwort geben. Dafür ist die Welt zu vielfältig und zu komplex. Aber es lässt sich unschwer erkennen, wie unterschiedlich die Fähigkeiten sind, Weltpolitik zu gestalten, und wer in dieser Hinsicht zu den prominenteren und einflussreicheren Akteuren gehört.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren und sind dieUSA mit Abstand die Ersten unter Ungleichen. Sie bestimmen weitgehend die Bedingungen des globalen Diskurses über ein breites Spektrum von Themen: Israel-Palästina, Iran, Lateinamerika, »Krieg gegen den Terror«, Organisation der Weltwirtschaft, Recht und Justiz bis hin zu fundamentalen Problemen, die das Überleben der Zivilisation betreffen (Atomkrieg und Umweltzerstörung). Allerdings nimmt die Macht der Vereinigten Staaten stetig ab, nachdem sie1945 einen historisch nie dagewesenen Höhepunkt erreicht hatte. Infolge ihres unvermeidlichen Niedergangs teilen sich dieUSA ihre Macht bis zu einem gewissen Grad mit der »De-facto-Weltregierung« der »Master of the Universe« – so bezeichneten die Wirtschaftsmedien die führenden staatskapitalistischen Länder, die G-7-Staaten, und die Institutionen, die sie im »neuen imperialen Zeitalter« kontrollieren, etwa den Internationalen Währungsfonds und die Welthandelsorganisationen.1
Natürlich sind die »Master of the Universe« keineswegs repräsentativ für die Bevölkerungen der führenden Staaten. Selbst in demokratischeren Ländern haben die Bürger nur begrenzte Einwirkungsmöglichkeiten auf politische Entscheidungen. Für die Vereinigten Staaten wiesen namhafte Forscher schlüssig nach, dass »Wirtschaftseliten und organisierte Gruppen, die Unternehmensinteressen vertreten, beträchtlichen unabhängigen Einfluss auf dieUS-amerikanische Regierungspolitik ausüben, während Durchschnittsbürger und massenbasierte Interessengruppen nur geringen oder gar keinen Einfluss besitzen«. Das Fazit der Autoren lautet, dass ihre Untersuchungen »die Theorien von der Vorherrschaft der Wirtschaftseliten und des Parteiischen Pluralismus nachdrücklich untermauern und keine Belege für die Theorie der Mehrheitsdemokratie oder des majoritären Pluralismus liefern«. Aus anderen Studien geht hervor, dass die große Mehrheit der Bevölkerung am unteren Ende der Einkommens- oder Wohlstandsskala praktisch vom politischen System ausgeschlossen ist. Ihre Meinungen und Einstellungen werden von den offiziellen Repräsentanten nicht berücksichtigt, während ein winziger Sektor am oberen Ende überwältigenden Einfluss hat. Über einen langen Zeitraum erweist sich die Wahlkampffinanzierung als bemerkenswert guter Vorhersagefaktor für politische Entscheidungen.2
Eine Folge ist die sogenannte Wahlmüdigkeit: Man sieht keinen Sinn darin, zur Wahl zu gehen. Hier gibt es eine signifikante schichtspezifische Korrelation. Die Gründe, die dafür verantwortlich sein dürften, hat der renommierte Wahlforscher Walter Dean Burnham schon vor fünfunddreißig Jahren erörtert. Er bezog die Wahlenthaltung auf eine »entscheidende Besonderheit des politischen Systems derUSA: das vollkommene Fehlen einer sozialistischen oder arbeiterfreundlichen Massenpartei als organisierte Konkurrenz auf dem Wahlmarkt«. Das erkläre weitgehend die »schichtspezifischen Wahlenthaltungen« und den Umstand, dass politische Optionen, die von der allgemeinen Bevölkerung befürwortet werden könnten, aber den Interessen der Eliten zuwiderliefen, keine Berücksichtigung fänden. Diese Beobachtungen treffen auch auf die Geg