2. Kapitel
Maya hatte gehofft, ein wenig Zeit mit ihrer Freundin zu verbringen würde reichen, um Del aus ihren Gedanken zu vertreiben. Aber sie hatte sich geirrt. In der Nacht hatte sie wach gelegen und an ihn gedacht. Und als sie endlich eingeschlafen war, hatte sie von ihm geträumt. Nicht von dem jetzigen sexy und verboten maskulinen Del, sondern von dem Zwanzigjährigen, der ihr das Herz gestohlen hatte.
Total gerädert wachte sie auf. Lustig, bis sie ihn gesehen hatte, war es ihr möglich gewesen, ihn zu vergessen. Aber jetzt, da er zurück war, hing sie in einem Vakuum zwischen Vergangenheit und Zukunft, in einer Art Zeit-Raum-Kontinuum, fest.
Oder ich kämpfe einfach mit einer unerledigten Geschichte, dachte sie, als sie unter die Dusche trat. Denn so gern sie auch glauben würde, dass das Universum sich um sie drehte, wusste sie, dass dem in Wahrheit nicht so war.
Dreißig Minuten später war sie einigermaßen vorzeigbar. Sie wusste, das Einzige, was sie diesen Tag überleben lassen würde, wären Unmengen an Kaffee. Also verließ sie ihr kleines gemietetes Haus, hielt nur kurz inne, um ihre neu gepflanzten Blumen zu wässern, und machte sich dann auf zum Brew-haha.
In den zehn Jahren, in denen sie fort gewesen war, war Fool’s Gold gewachsen. Da sie auf der Highschool als Stadtführerin gejobbt hatte, waren ihr die Geschichte und der Aufbau der Stadt vertraut. Sie glaubte sogar, dass der Festivalkalender, den sie damals auswendig gelernt hatte, immer noch irgendwo in ihrem Kopf existierte. Vermutlich neben dem vollständigen Text von Kelly Clarksons „Since U Been Gone“.
Der Gedanke brachte sie zum Lächeln, und das Lied leise vor sich hin summend, betrat sie das Brew-haha.
Das Café war schlicht in hellen Farben und mit ausreichend Sitzplätzen eingerichtet. Im vorderen Bereich gab es eine lange Theke, in der die verlockenden, kalorienreichen Backwaren ausgestellt waren. Und ganz vorn in der aus sechs Leuten bestehenden Schlange stand ein großer, breitschultriger Mann.
Maya erstarrte auf der Türschwelle. Was nun? Sie würde sich Del irgendwann stellen müssen. Dank Bürgermeisterin Marsha würden sie sogar zusammenarbeiten. Aber sie hatte nicht gedacht, es schon vor ihrem ersten Kaffee mit ihm zu tun zu bekommen.
Das ist die Kehrseite einer ansonsten bezaubernden kleinen Stadt, dachte sie und schob ihre Bedenken beiseite, um sich in der Schlange anzustellen.
Del gab seine Bestellung auf, und was immer er gesagt hatte, es brachte das Mädchen an der Kasse zum Lachen. Dann trat er zur Seite, um auf sein Getränk zu warten, und fing sofort an, sich mit der Barista zu unterhalten.
Ist er schon immer so aufgeschlossen gewesen? fragte Maya sich, während sie ihn beobachtete und dabei versuchte, so zu wirken, als interessiere er sie überhaupt nicht – was in ihrem noch müden Zustand nicht ganz leicht war.
Die Schlange rückte vor. Mehrere Kunden blieben stehen, um Del zu begrüßen und ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Ohne Zweifel wollen sie sich auf den neuesten Stand bringen, dachte sie. Del war hier aufgewachsen