1. KAPITEL
Es kostete Sean O’Mara fünf, wenn nicht sechs Minuten, bis er merkte, dass er ausgenutzt wurde. Allerdings hatte er am Abend vorher auch bis weit nach Mitternacht gearbeitet, und es war gerade erst kurz nach fünf Uhr morgens. Kein Wunder, dass er nicht wusste, wie ihm geschah, und völlig verschlafen dreinblickte.
„Du machst was?“, fragte er langsam nach, um endlich zu begreifen, wieso auf einmal ein Orkan durch sein Haus tobte.
„Ich fliege für zwei Wochen nach England.“ Seine Schwester wies ihre vierjährige Tochter an, im Flur vor dem Zimmer zu warten. Natürlich verschwand Melissa daraufhin sofort in der Küche. Auch seine Schwester verließ den Raum, aber nur um kurz darauf mit einer Menge Gepäck zurückzukehren, das sie aus ihrem Wagen geholt hatte.
Das war gar kein gutes Zeichen.
„England?“, fragte Sean erneut, da er langsam wach wurde.
„Ja.“ Sie sagte es so leichthin, als wollte sie lediglich auf die andere Straßenseite gehen und nicht auf die andere Seite des Planeten fliegen.
„Du hast gar keine Vorstellung, was mir deine Hilfe bedeutet, Sean.“ Sie wäre fast über ihren ganzen Kram gestolpert. „Du wirst mit Melissa keinen Ärger haben. Versprochen. Und ich werde den Auftrag für die Entwürfe so schnell es geht beenden.“
Kein Ärger mit Melissa? Ha! Das war ein Widerspruch in sich. Trotz seines erschöpften Zustandes fühlte er plötzlich die drängende Notwendigkeit, seiner Schwester diese Idee auszureden. Er konnte unmöglich für zwei Wochen die Verantwortung für ein kleines Kind übernehmen. Er hatte sein eigenes Leben, auch wenn sich das ausschließlich um seine Arbeit drehte. Denn Arbeit hatte er mehr als genug. Außerdem, was wohl am wichtigsten war, hatte er keine Ahnung, wie er ein Kind betreuen sollte.
„Und bitte vergiss nicht, sie braucht immer noch Hilfe auf der Toilette, du weißt schon, mit dem Papier“, warnte ihn Stacy.
„Was? Einen Moment mal …“ Sean rieb seine Schläfen, gähnte und streckte sich. Aber er wachte nicht in seinem Bett auf, was leider bedeutete, dass er nicht träumte. „Du kannst sie nicht bei mir lassen.“
„Wies