4. Das Volk als die bedingende Kraft für das Kunstwerk
Alles Bestehende hängt von den Bedingungen ab, durch die es besteht: Nichts, weder in der Natur noch im Leben, steht vereinzelt da; alles hat seine Begründung in einem unendlichen Zusammenhang mit allem, somit auch das Willkürliche, Unnötige, Schädliche. Das Schädliche übt seine Kraft in der Verhinderung des Notwendigen, ja es verdankt seine Kraft, sein Dasein, einzig dieser Verhinderung, und ist somit in Wahrheit nichts anderes, als die Ohnmacht des Notwendigen. Wäre diese Ohnmacht eine fortwährende, so müsste die natürliche Ordnung der Welt aber eine andere sein, als sie ist; das Willkürliche wäre das Notwendige, das Notwendige aber das Unnötige. Jene Schwäche ist aber eine vorübergehende, daher nur anscheinende; denn die Kraft des Notwendigen lebt und waltet namentlich auch als, im Grunde einzige Bedingung des Bestehens des Willkürlichen. So besteht der Luxus der Reichen einzig durch die Notdurft der Armen; und gerade die Not der Armen ist es, welche unaufhörlich dem Luxus der Reichen neuen Verzehrungsstoff vorwirft, indem der Arme, aus Bedürfnis der Nahrung für seine Lebenskraft, diese eigene Lebenskraft dem Reichen opfert.
So hat auch einst die Lebenskraft, das Lebensbedürfnis der tellurischen Natur, diejenigen schädlichen Kräfte, oder vielmehr die Macht des Vorhandenseins derjenigen Elementarverbindungen und Erzeugungen genährt, welche sie daran verhinderten, die ihrer Lebenskraft und Fähigkeit wahrhaft entsprechende Äußerung von sich zu geben. Der Grund hiervon ist der in Wirklichkeit vorhandene Überfluss, die strotzende Überfülle vorhandener Zeugungskraft und Lebensstoffes, die unerschöpfliche Ergiebigkeit der Materie: Das Bedürfnis der Natur ist daher höchste Mannigfaltigkeit und Vielheit, und die Befriedigung dieses Bedürfnisses erreichte sie endlich dadurch oder vielmehr damit, dass sie – um so zu sagen – der Ausschließlichkeit, der massenhaften, durch sie selbst zuvor aber üppig genährten, Einzelheit ihre Kraft versagte, d. h. sie in die Vielheit auflöste. Das Ausschließliche, Einzelne, Egoistische, vermag nur zu nehmen, nicht aber zu geben: Es kann sich nur zeugen lassen, ist selbst aber zeugungsunfähig; Zur Zeugung gehört das Ich und das Du, das Aufgehen des Egoismus in den Kommunismus.
Die reichste Zeugungskraft ist daher in der größten Vielheit, und als die Erdnatur in ihrer Entäußerung zur mannigfaltigsten Vielheit sich befriedigt hatte, gelangte sie somit in den Zustand von Sättigung, Selbstzufriedenheit, Selbstgenuss, der sich in ihrer gegenwärtigen Harmonie kundgibt; sie wirkt jetzt nicht mehr in massenhafter, totaler Umgestaltung, ihre Periode der Revolution ist abgeschlossen, sie ist jetzt das, was sie sein kann, somit von jeher sein konnte und werden musste; sie hat ihre Lebenskraft nicht mehr an die Zeugungsunfähigkeit zu vergeuden, sie hat durch ihr ganzes, unendlich weites Gebiet die Vielheit, das Männliche und das Weibliche, das ewig sich selbst Erneuernde und Erzeugende, das ewig sich selbst Ergänzende, sich selbst Befriedigende, in das Leben gerufen – und in diesem unendlichen Zusammenhang ist sie nun beständig, unbedingt sie selbst geworden.
In der Darstellung dieses großen Entwicklungsprozesses der Natur am Menschen selbst ist nun das menschliche Geschlecht, seit seiner Selbstunterscheidung von der Natur, begriffen. Dieselbe Notwendigkeit ist die treibende Kraft in der großen Menschheitsrevolution, dieselbe Befriedigung wird diese Revolution abschließen.
Jene treibende Kraft, die eigentliche Lebenskraft, schlechtweg, wie sie sich im Lebensbedürfnis geltend macht, ist aber ihrer Natur nach eine unbewusste, unwillkürliche, und eben wo sie dies ist – im Volk – ist sie auch einzig die wahre, entscheidende. In großem Irrtum sind daher unsere Volksbelehrer, wenn sie wähnen, dass Vol