: Judith Williams
: Stolpersteine ins Glück Die Queen des Teleshoppings und ihr Weg an die Spitze
: Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
: 9783944296319
: 1
: CHF 10.50
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 240
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Judith Williams' Leben verlief nicht immer rosig. Auf tragische Weise verlor sie ihre Stimme und musste ihre Karriere als Opernsängerin aufgeben. Doch sie ließ sich von diesem Schicksalsschlag nicht unterkriegen: Entschlossen baute sie sich ein neues Leben auf und wurde innerhalb von nur fünf Jahren zur führenden Marke im europäischen Teleshopping. Witzig und zugleich anrührend erzählt Judith Williams von ihrer turbulenten Kindheit als Tochter amerikanischer Einwanderer, die in München eine kleinen Pudelsalon führten, und von den Erfahrungen, die ihr Leben und ihr Verkaufstalent prägten und die Weichen für ihre beispiellose Karriere im deutschen Fernsehen stellten. Ihre außergewöhnliche Geschichte ist eine Inspiration für alle, die auf der Suche nach einer neuen Perspektive auf das Leben sind.

Judith Williams verfolgte eine erfolgreiche Karriere als Opernsängerin, als eine Krankheit ihrem Traum in die Quere kam. Doch die deutsch-amerikanische Unternehmerin ließ sich nicht unterkriegen: Mit viel Elan und Durchhaltevermögen baute sich Judith Williams ein neues Leben auf und vertreibt heute die erfolgreichste deutsche Teleshopping-Marke im internationalen Verkaufsfernsehen. Zudem berät sie als Investorin in der TV-Show »Die Höhle der Löwen« selbst junge Unternehmer.

Kapitel 1

Von Pudeln und Opern


Als meine Eltern Anfang der Siebzigerjahre von Salt Lake City nach München zogen, war die Stadt gerade dabei, sich als Gastgeberin der Olympischen Spiele und Ausrichterin des Endspiels um die Fußballweltmeisterschaft mächtig herauszuputzen. Der Stadtteil Schwabing wurde zum Zentrum der Freizügigkeit und Lebenslust. Jimi Hendrix rockte den Club»Big Apple«, während sich Mick Jagger und Keith Richard um das Groupie Uschi Obermaier balgten. Meine Eltern waren so jung wie die Leute, die Schwabing zum Partynabel Deutschlands machten, trotzdem konnte man sie hier nicht finden. Sie hatten anderes im Sinn, mit einem klaren Ziel vor Augen: Daddy würde in München ein Hochschulstudium zum Opernsänger absolvieren, während Mommy ihn dabei tatkräftig unterstützen wollte, obgleich sie selbst schon Erfolge auf der Theaterbühne gefeiert hatte. Soweit der Plan. Mein Vater wollte sein Ziel ohne finanzielle Unterstützung seiner Eltern schaffen. Als sie arm wie Kirchenmäuse in Deutschland ankamen– außer hundert Dollar und einer schwangeren Katze hatten sie nichts zu bieten–, hieß es erst einmal: Geld verdienen. Daddy nahm einen Job als Verkäufer in einem Hi-Fi-Geschäft auf dem amerikanischen Kasernengelände an, was meine Eltern dort zu einer günstigen Unterkunft berechtigte. Von Hi-Fi-Geräten hatte Daddy keine Ahnung, doch er hatte jede Menge Charme und seine Bassstimme. Damit verdreifachte er den Umsatz des Geschäftes in kürzester Zeit. Nach ein paar Monaten bot sich meinen Eltern eineüberraschende Gelegenheit: Sie zogen nach Solln, den südlichsten Stadtteil Münchens. Dort gab es einen historischen Dorfkern und eine Villenkolonie aus der Gründerzeit, und in einer Villa bot ihnen die Besitzerin eine Wohnung an. Sie war kürzlichüberfallen worden und daherüberzeugt, dass ein»starker Mann« im Haus nicht schaden könne. Wie viele Bassisten ist Daddy ein Schrank von einem Mann. Trotzdem hätte er mögliche Einbrecher eher mit seinem tiefen»C« als mit seinen Muskeln in die Flucht schlagen können. Dann kam ich, am 18. September 1971. Neben dem Stolperstein»Welchen Namen geben wir dem Kind?« gab es ein weitaus schwerwiegenderes Ereignis: Beinahe wäre Mommy bei meiner Geburt gestorben. Sie hatte viel Blut verloren und ihr Kreislauf brach zusammen. DieÄrzte waren nicht in der Lage, eine Infusion zu legen. Daddy war im Kreißsaal. Seine donnernde Stimme wird heute noch zittrig und dünn, wenn er sich an den Vorfall erinnert.

»Plötzlich schrien Krankenschwestern undÄrzte um die Wette. Doch anstatt Gaye zu helfen, war es das Wichtigste, mich aus dem Raum zu bugsieren«, erzählte er mir neulich wieder unter Tränen, als ich ihn bat, meine Kindheitserinnerungen aufzufrischen.»Draußen flehte ich Gott im Himmel an, mir meine Liebste zu lassen. Ich hatte furchtbare Angst um Gaye und um dich. Sie mussten Mommy die Galle entfernen, was dazu führte, dass sie im ersten Jahr deines Lebens zu schwach war, dich in den Armen zu halten.«

Wer weiß, vielleicht führte diese Aufregung dazu, meinen Namen acht Tage später in Judith zuändern. Judith bedeutet»Die Gepriesene« und sicher priesen Mommy und Daddy Gott dafür, dass am Ende alles gut ausgegangen war. Vielleicht hing es auch mit meiner extravaganten Patentante Judith zusammen. Die Schwester von Daddy flog aus London ein, um die nächsten sechs Monate als Ersatzmutter tätig zu sein. Heute wundert mich das nicht mehr: In der Familie Williams lässt man stets alles stehen und liegen, wenn irgendwo Not am Mann ist.

Als Mommy wieder auf dem Damm war, hatte Daddy eine gute Neuigkeit. Zu dieser Zeit lebte einer der berühmtesten Operntenöre der Welt in der Stadt, der Amerikaner James King. Der Sohn eines Sheriffs aus Dodge City im Bundesstaat Kansas gehörte zu den ersten Ausländern, die an der Deutschen Oper Berlin auftreten durften. Später sang er den Bacchus inAriadne auf Naxos an der Wiener Staatsoper und gehörte als Siegmund in derWalküre zu den umjubelten Stars der Bayreuther Festspiele. King besaß ein Haus in Forstinning, dreißig Kilometeröstlich von München, am Rand des Ebersberger Forstes. Seine Sehnsucht nach Wasser zog ihn jedoch an den Starnberger See und da tat er etwas Außergewöhnliches: Er vermietete sein Haus zu einemäußerst günstigen Preis an einen Bekannten von Daddy. Der war völligüberraschend Witwer geworden und hatte sechs Kinder zu versorgen. Natürlich war der Mann frohüber diese einmalige Gelegenheit. Weil das Haus von James groß genug war, zogen wir gleich mit ein. So bekam ich von einem Tag auf den anderen sechs Geschwister und meine Mommyübernahm die Mutterrolle. Zum Glück war sie wieder voll bei Kräften und strotzte nur so vor Energie. Auch für mich konnte es nichts Besseres geben. Auf einen Schlag hatte ich ein halbes Dutzend Geschwister. Herrlich! Im Nachhinein kann ich nur staunen, wie meine Eltern bei all dem Trubel nie ihr Ziel aus den Augen verloren: Daddy sollte schließlich Opernsänger werden und im Haus eines Opernstars zu wohnen bedeutet noch lange nicht, auf seinen Spuren zu wandeln. Soübte er weiterhin unverdrossen seine Arien, lernte Italienisch, trainierte die Fechtkunst und finanzierte alles als Angestellter des Hi-Fi-Ladens.

Familiensinn wurde bei uns Williams