Plattenboss aus Leidenschaft
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Siggi Loch
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Plattenboss aus Leidenschaft
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Edel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
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9783841900388
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1
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CHF 8.70
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Biographien, Autobiographien
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German
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272
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kein Kopierschutz
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PC/MAC/eReader/Tablet
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ePUB
Als Siggi Loch mit 15 Jahren Sidney Bechet in einem Konzert hörte, war es um ihn geschehen. Fortan galt sein Leben der Musik. Zu Beginn seiner Karriere fuhr er als Vertreter mit einem VW-Käfer die Plattenläden ab. Schon bald jedoch produzierte er die im Hamburger Star Club spielenden Beat- und Blues-Bands, entdeckte Jazzgrößen wie Klaus Doldinger und Showtalente wie Katja Ebstein und Marius Müller-Westernhagen. 1992 - mittlerweile Europa-Präsident des US-Konzerns Warner - machte er mit 52 Jahren einen radikalen Schnitt und verwirklichte mit der Gründung des Jazzlabels ACT einen Jugendtraum. Obwohl nach landläufiger Meinung mit Jazz kein Geld zu verdienen gewesen ist und die Branche in dieser Zeit in die Krise schlitterte - Siggi Loch führte das Label zum Erfolg und wurde neben Manfred Eicher von ECM zum wichtigsten Jazzproduzenten Deutschlands. In seiner unglaublichen Biografie erzählt Siggi Loch von den Anfängen der Musikindustrie, seiner Begeisterung für Jazz und von persönlichen Erfahrungen mit Musik-Größen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Es ist die Geschichte eines Mannes, dessen Leidenschaft für die (Jazz-)Musik so groß wurde, dass er sie entscheidend beeinflusste.
Siggi Loch, geboren am 6. August 1940 in Pommern, lebte bis zur Übersiedelung seiner Familie 1951 in Merseburg. Seine ersten musikalischen Gehversuche machte er als Amateur-Schlagzeuger mit seiner eigenen Band, den Red Onions. 1960 schaffte er den Einstieg in die Musikindustrie als Vertreter für EMI-Electrola. Bereits zwei Jahre später wurde er Labelmanager Jazz und Produzent für die Philips Ton. 1971 ist er Gründungs-Geschäftsführer der WEA-Music Hamburg (später WARNER Music Germany), 1975 wird er zum Vice-President WEA-International ernannt.
08 EIN ALTER JUNGUNTERNEHMER MACHT FEHLER
(S. 189-190)
~ ACT 1988–1989
Seit langem war das Wasser für mich der schönste Ort, um total auszuspannen und neue Kräfte zu sammeln. Nach 17 Jahren WEA brauchte ich erst einmal gehörigen Abstand. Was lag näher, als einen längeren Segeltörn zu unternehmen. Wir charterten die»Sassy«, eine Swan 65, mit Crew und luden unsere Freunde Antje und Ludwig Groeneveld ein, uns durch dieÄgäis zu begleiten. Start war auf der Insel Samos mit erstem Zwischenstopp im türkischen Kusadasi.
Zu unsererÜberraschung gab es im alten Amphitheater des nahen Ephesus ein Konzert mit Ray Charles und seiner Bigband, das ließen wir uns nicht entgehen und genossen einen ganz besonderen Sommerabend. Bei der Einfahrt in den Hafen von Bodrum hielt ich Ausschau nach dem Haus von Ahmet Ertegun. Ich wusste, dass er hier ein Domizil hatte und machte einen historischen Prachtbau direkt am Hafen aus, der sich tatsächlich als das gesuchte Objekt erwies. In der Türkei sind die Erteguns eine Legende, doch der Hausherr war nicht daheim.Über Ekincik und Kalmar ging es weiter, wobei wir die Häfen nur zur Proviantaufnahme ansteuerten, ansonsten ankerten wir nachts in den traumhaft schönen Buchten. Nach vier Wochen ging es zurück nach London und in einen neuen Alltag.
An ein Leben ohne täglichen Gang ins Büro und ständiges Reisen musste ich mich erst gewöhnen, die Besuche von Annette Humpe waren eine willkommene Abwechslung. Sie hatte früh mitbekommen, dass ich die WEA verlassen würde und gleich gesagt, sie wolle unbedingt dabei sein, sollte ich etwas Eigenes unternehmen. Aus meiner langen Erfahrung im Umgang mit Künstlern nährte sich sofort eine gesunde Skepsis gegenüber geschäftlichen Verbindungen mit ihnen, doch Annette blieb hartnäckig und auch Jim Rakete meldete sich aus Berlin, der neben seinem Beruf als Fotograf die Karrieren von Nina Hagen, Spliff, Nena und Rainer Pudelkos Interzone angeschoben hatte.
Mein alter WEA-Kollege Ben Bunders war inzwischen Präsident von POLYGRAM Deutschland geworden. Auch eräußerte sein Interesse an einer Zusammenarbeit. Vielleicht war es unterschwellig mein schlechtes Gewissen wegen diverser Ablehnungen von Polygram-Angeboten, das mich letztlich bewog, diese Möglichkeit weiter zu verfolgen. Bunders hatte ein Problem: Von seinen drei Repertoiregesellschaften POLYDOR, METRONOME und PHONOGRAM war nur letztere mit starkem Eigenprogramm erfolgreich. Ihn reizte die Idee, ein zusätzliches externes Produktionsteam an seinen Laden zu binden. An einem Jazzlabel hatte er allerdings weniger Interesse.
Nach diversen Gesprächen mit Annette und Jim fand ich Gefallen daran, mit den beiden in Berlin eine Produktionsgesellschaft für progressive Popmusik zu gründen und meinerseits in London in Ruhe ein Jazzlabel aufzuziehen. Dass das Unternehmen ACT heißen müsse, war von Anfang an klar. Annette hatte mit ihrer Schwester Inga noch einen Vertrag für ein weiteres Album mit der WEA, wollte sich aber als Produzentin und»Trüffelschwein« einbringen, um nach Erfüllung ihrer Verpflichtungen selbst exklusive ACT-Künstlerin zu werden. Jim Rakete wiederum war bereit, seine Arbeit als Fotograf langsam zurückzufahren, um sich ganz der Aufgabe eines Geschäftsführers der ACT Berlin zu widmen. Unser Motto sollte sein:»Die U-Musik wird von uns ernst genommen!