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DAS STUDIUM
3.1
DIE RAHMENBEDINGUNGEN
Nachdem wir eine ungefähre Vorstellung von den Inhalten des Faches Germanistik entwickeln konnten und wissen, welche Fähigkeiten uns im Studium helfen können, wird es jetzt tiefere Einblicke in das geben, was sich tatsächlich an der Universität abspielt. Dafür müssen wir uns erst einmal mit den Strukturen beschäftigen, die von der Uni vorgegebenen werden.
Magister oder Master
?
Das Mitleid von Magistern ist uns Bachelor- und Masterstudenten sicher, weil wir leider zu spät geboren worden sind und nun ein verschultes Schmalspurstudium absolvieren. Dieses verfehlt angeblich den wahren Sinn eines Studiums vollkommen, weil man wie zu Schulzeiten alles vorgeschrieben bekommt, was man zu studieren hat. Manchmal ernten wir sogar Verachtung, weil wir an diesem zutiefst verwerflichen System partizipieren.
Trotzdem absolvieren heute die meisten einen Bachelor- oder Masterstudiengang. Man hat auch kaum eine andere Wahl, denn Magisterstudiengänge wurden mittlerweile abgeschafft. Stattdessen wurde der Master dem Magister gleichgestellt. Er wird sogar auf die gleiche Weise abgekürzt, sodass man dem M.A. auf der Visitenkarte nicht mehr ansehen kann, ob es sich um einen Magister Artium oder einen Master of Arts handelt. Hier wurde lediglich vom Lateinischen ins Englischeübersetzt.
STUDIENZEITVERKÜRZUNG
Der Zeitplan des Bachelor-/Mastersystems gilt verglichen mit den Magisterstudiengängen als straffer. Die Studenten müssen disziplinierter sein und damit entsprechen diese Studiengänge den spezifisch deutschen Wünschen nach einer Verkürzung der Studienzeit, die man angesichts der im europäischen Kontext vergleichsweise langen Dauer der deutschen Magisterstudiengänge für erstrebenswert hielt. Vielleicht können Studenten sich heutzutage nicht mehr Halsüber Kopf auf die Themen stürzen, die sie gerade interessieren, und dafür alles andere stehen und liegen lassen, denn es muss ja noch der Workload der anderen sechs Veranstaltungen dieser Woche erledigt werden. Vielleicht führt all das zusammengenommen dazu, dass Studenten weniger miteinander diskutieren und philosophieren oder weniger geschult darin sind, eigene Gedanken zu entwickeln. Und dennoch, blickt man sich an einem sonnigen Nachmittag in Berlin-Neukölln um, so sieht man bärtige Jungs in Skinny Jeans mit Mädchen in geblümten Kleidern, die sich angeregtüber dieBiopoetik von Gottfried Benn unterhalten. Dann ist der größte Unterschied der Tee, der nicht aus Thermos-, sondern aus Club-Mate-Flaschen kommt. Es gibt also wenig Grund zur Sorge um die Studentenschaft, denn auch heute gibt es ihn noch, den typischen diskutierenden Studenten, den es schon gab, als die Unterrichtssprache noch Latein war, und den es auch in Zeiten von Bachelor und Master weiterhin geben wird.
DER BOLOGNA-PROZESS
Bei Bologna denkt an der Uni niemand an Italienurlaub oder Spaghetti, sondern an wütende Studenten,übereifrige Kultusminister undüberforderte Professoren. An den Bologna-Prozess eben, der seit mehr als zehn Jahren die Gemüter förmlichüberkochen lässt.
Aber worum geht es bei dem ganzen Theater eigentlich?
Bologna ist die Stadt, in der sich die europäischen Bildungsminister darauf einigten, das Universitätssystem in Europa zu vereinheitlichen. Sie wollten Abschlüsse vergleichbar machen, das Studienangebot verbessern und»mehr Beschäftigungsfähigkeit vermitteln«.3 Bei der Vermittlung von Beschäftigungsfähigkeit geht es darum, Studenten und Arbeitgeber bereits vor dem U