Dass mir das bloß keiner nachmacht (S. 249-250)
Im Anschluss an die letzte Etappe der Appetite-Tour hing ich wieder mehr oder weniger faul in L. A. rum, was mir gar nicht gut tat. Zum ersten Mal seit zwei Jahren musste ich nirgendwo hin; wenn ich aufstand, wartete keine Arbeit auf mich. Ich war so lange weg gewesen, dass mir das Alltagsleben völlig fremd geworden war. Ich war noch nicht mal mehr in der Lage, in einen Supermarkt zu gehen, um mir Lebensmittel zu kaufen, nachdem wir eine Woche zuvor noch in Japan Hallen gefüllt hatten.
Nach all der Zeit, die wir unterwegs gewesen waren, hatte ich ganz vergessen, dass ich mir meinen Alkohol und meine Zigaretten mal selbst geholt hatte. Und was ich absolut nicht loswurde, war das Bedürfnis nach dem Kick, jeden Abend zu spielen. Ich kam nicht damit klar, dass nicht jeder Tag mit demselben schwindelerregenden Höhepunkt endete. Ich musste etwas gegen die plötzliche Leere unternehmen.
Da die Band Urlaub hatte, begab ich mich auf eine Solotour - allerdings ohne L. A. zu verlassen. Wenn um mich herum alles stillsteht und ich nicht mehr weiß, was ich mit mir anfangen soll, dann fange ich an, selbstzerstörerisch zu werden. Und darin bin ich krasser, als alle, die ich kenne.Ich betrachte das noch nicht mal als Fehler, eher als eine ganz natürliche Nebenwirkung. Nach zwei Jahren auf Tour braucht jeder ein Weilchen, um runterzukommen. Wo immer ich gewesen war, ich hatte in halsbrecherischem Tempo gelebt; ich hatte keine Ahnung, was mit mir passierte.
Ich hatte nie versucht, kürzer zu treten oder zur Ruhe zu kommen, und so war ich weiß Gott nicht darauf eingestellt stillzuhalten. Wir hatten rund um die Uhr gerackert, um es als Band zu schaffen. Und dann ging es weiter, fünf Jahre lang, acht Jahre lang ... Mit achtzehn hatte ich angefangen, nun war ich dreiundzwanzig und hatte es geschafft; wir hatten es geschafft. Nun war ich wieder zu Hause - und rannte mit dem Kopf gegen die Wand. |