1. KAPITEL
Sie war spät dran – wie so oft.
Alisa Merrick gab Gas und jagte ihr silbernes Cabrio den steinigen Pfad entlang. Aber zu dem Meeting würde sie ohnehin nicht mehr rechtzeitig erscheinen.
Sie brauchte dringend die Unterstützung der hiesigen Geschäftsleute. Wenn sie es bis in den Stadtrat schaffen wollte, war sie auf deren Stimmen angewiesen.
Dann fiel ihr die Abkürzung ein. Es handelte sich um einen Privatweg, aber Alisa kannte die Besitzer. Die Raffertys waren ihre Nachbarn. Sie würden sicher nichts dagegen haben. Nur einer könnte sich gestört fühlen: Matt Rafferty.
Sie kniff die Augen zusammen. Der schmale Feldweg wurde von hohen Bäumen gesäumt und war kaum wiederzuerkennen, seit sie ihn das letzte Mal benutzt hatte. Das dichte Buschwerk hatte sich ausgebreitet und machte den Pfad nahezu unbefahrbar.
Schon nach wenigen Metern musste sie einsehen, dass die Abkürzung eine dumme Idee gewesen war. Ihr Sportwagen war kaum das geeignete Fahrzeug für dieses Gelände. Hoffentlich fand sie wenigstens eine Stelle zum Wenden.
Endlich lichtete sich der Wald. Erleichtert sah sie eine Schneise.
Den Reiter bemerkte sie erst, als es zu spät war. Sie trat hart auf die Bremse.
Der große rostrote Hengst wirbelte erschrocken herum und warf den Reiter ab.
Der Wagen geriet ins Schlingern, aber Alisa brachte ihn im letzten Moment zum Stehen. Dann sprang sie heraus und rannte zu dem Reiter, der auf dem Rücken lag. „Oh, mein Gott!“, flüsterte sie und kniete sich neben den Mann. Behutsam schob sie den Hengst beiseite, der seinen Herrn beschnupperte.
Alisa erkannte ihn sofort. „Matt, bitte, wach auf.“ Sie tastete nach seinem Puls. „Bitte, Matt.“
Mühsam rollte er auf die Seite. Dann öffnete er die Augen. Sein Blick war verschwommen.
„Matt, kannst du mich erkennen?“
Er stöhnte auf. Offensichtlich hatte er große Schmerzen. Alisa streckte den Arm aus, doch er wich ihrer Berührung aus.
„Ich bin es, Alisa. Bitte sag, dass es dir gut geht.“
Matt Rafferty atmete schwer. Vor seinen Augen begann alles zu verschwimmen. Es war, als würde er wieder zurückgleiten – an den Ort, der ihn bis in seine Albträume verfolgte.
Plötzlich wurde alles wieder lebendig. Er konnte sogar den Lärm der Rotorblätter hören, den die tieffliegenden Hubschrauber über dem Schlachtfeld machten. Ob sie noch rechtzeitig zu ihrer Hilfe kamen? Ob es überhaupt noch eine Rettung gab?
Dann hörte er eine sanfte Frauenstimme, die ihm vage bekannt vorkam.
„Wie zur Hölle …?“ Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. „In Deckung!“, rief er pani