Wir lachen viel. Am meisten lacht Anatoli, als ich versuche, mit seinem Auto zu fahren. Auf gerader Strecke funktioniert das sehr gut, aber als eine Kurve kommt merke ich, dass das Auto keine Servolenkung hat und ehrlich gesagt, Bremsen scheint das Auto auch nicht zu besitzen. Ich komme fast von der Fahrbahn ab und bevor ich das wertvolle Gefährt kaputt mache, lasse ich lieber wieder Anatoli ans Steuer. Als wir eine kleine Pause machen, um Tee zu trinken, Käse, Wurst und Brot zu essen, werden wir von Milliarden von Mücken überfallen. Ich ahne, was uns auf dem Weg durch die Taiga erwartet.
Der Empfang in Uojan ist herzlich. Vollkommen entspannt, als ob ich schon immer zur Familie gehöre, werde ich von der jüngeren Schwester Galina und ihrem Mann begrüßt. Sie leben mit ihren beiden Söhnen im ehemaligen Elternhaus der Geschwister. Hier sind sie alle groß geworden. Wie viele Menschen heute noch in dem kleinen Dorf leben, weiß ich nicht. Wenn man danach fragt, erfährt man nur, dass viele weggegangen sind. Früher gab es einen großen holzverarbeitenden Betrieb, Rentierzucht, eine Schule usw. Davon ist nicht viel übriggeblieben. Die Schule hat vor sieben Jahren geschlossen, die Betriebe gibt es nicht mehr. Die wenigen Dorfbewohner sind meist arbeitslos und helfen sich gegenseitig. Die Kinder werden mit dem Schulbus zum nächst größeren Ort Nowy Uojan gefahren.
Das alte Uojan ist malerisch gelegen. Eingebettet in eine Kulisse aus hohen Bergen. Auf den höchsten von ihnen liegt der Schnee bis in den Sommer hinein. Jetzt allerdings, Mitte August, ist Hochsommer, und da ist auch der letzte Schnee geschmolzen.
Wir trinken Tee, essen Suppe und gehen weiter, andere Familienmitglieder besuchen. Noch zwei weitere Schwestern wohnen im Ort. Hier sind die Besuche nur kurz. Wir sagen nur Hallo und sind wieder weg.
Wir machen einen Abstecher ins Kulturhaus. Ich kenne den Ort durch unsere Dreharbeiten. Wir hatten uns hier mit sechs Frauen einer ewenkischen Kulturgruppe getroffen. Sie hatten für uns traditionelle Lieder gesungen. Jetzt ist Disko im Kulturhaus. Ein Kindergeburtstag, wie sich herausstellt. Kleine Mädchen in kunterbunten Ballkleidchen und schick angezogene Jungen kommen ab und zu aus dem Saal, um draußen frische Luft zu schnappen. Anatoli geht mit mir in einen Nebenraum. Er zeigt mir Seiten aus der Schulchronik des Ortes. Im vergangenen Jahr gab es ein großes Treffen der ehemaligen Schüler des Dorfes. Jede Abschlussklasse hat ein Plakat angefertigt, immer mit der Jahreszahl, den Namen und Bildern der Absolventen. Fast die ganze Familie von Anatoli ist hier vertreten. Sie sind alle hier aufgewachsen und zur Schule gegangen.
Bei Alexander taut Tolja richtig auf. Der große Bruder, das Vorbild, der Mann, der versucht, die ewenkischen Traditionen zu erhalten. Hier in Uojan hat er ein sehr schönes Haus mit Garten. Seine Frau ist nicht zu Hause, sie besucht gerade die erwachsenen Söhne in der burjatischen Hauptstadt Ulan-Ude. Die Männer haben sich viel zu erzählen. Ich gehe schlafen und genieße die Ruhe. Nur ab