: Jürgen August Alt
: Richtig argumentieren oder wie man in Diskussionen Recht behält
: Verlag C.H.Beck
: 9783406689048
: 5
: CHF 6.70
:
: Literatur: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 167
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB

Daß Diskussionen schiefgehen, ist eine beinahe alltägliche Erfahrung. In diesem Buch steht, wie man es richtig macht. Man lernt praxisnah und mit vielen Beispielen nicht nur die Grundelemente vernünftiger Argumentation kennen, sondern auch geeignete Verfahren, um faule Tricks, falsche Schlüsse und rhetorische Fallen abzuwehren. Damit die eigenen Argumente gut ankommen, erklärt Jürgen August Alt darüber hinaus, wie man argumentatives Können und rhetorische Technik wirkungsvoll verknüpft.



<p> Dr. phil. Jürgen August Alt gibt Rhetorikkurse und Seminare in Kommunikationstraining. Er hat zu diesen Themen auch mehrere Bücher verfaßt und außerdem eine Einführung in die Kunst des Zauberns vorgelegt.</p>

5. Aussagen, Hypothesen, Theorien – was wir auf jeden Fall darüber wissen sollten


Beispiele für Aussagen haben wir bereits kennen gelernt – denken Sie nur an die Wegbeschreibung für unseren Touristen. Eine solche Beschreibung sagt etwas über die Wirklichkeit, sie istinformativ. Genau dieses Merkmal haben folgende Aussagen gemeinsam:

„Mozart starb 1791 in Wien.“

„Grippe wird durch Viren verursacht.“

„100 n. Chr. gelang es Dionysos von Alexandria, ein kleines Schnellfeuer-Katapult zu entwickeln, eine Art frühes Maschinengewehr.“ (James/Thorpe 1998, S. 181)

„Alle Planetenbahnen sind Ellipsen.“

„Je höher der Schulabschluss, desto größer die Zahl der Zahnarztbesuche.“ (Diekmann 1995, S. 112)

„Zur Auffrischung unseres Selbstvertrauens suchen wir Schwierigkeiten, nur um uns dann in ihnen bewähren zu können.“ (Dörner 1999, S. 395)

„Wenn Lebewesen Zyankali essen, dann sterben sie.“

„Es gibt knapp 15.000 Arten von Plattwürmern, die im Meer, im Süßwasser und in feuchten Landbiotopen vorkommen.“ (Campbell 1997, S. 655)

Sätze (Aussagen) dieser Sorte können sich auf ein bestimmtes Ereignis beziehen, auf eine Regelmäßigkeit in der Wirklichkeit und auf Zusammenhänge zwischen Ereignissen und Prozessen (ja sogar auf Zufälle). Aber immer behaupten sie etwas über die Realität – über vergangene, aktuelle und zukünftige Wirklichkeiten. Diese Art von Aussagen nennen wir deshalbinformative Aussagen. Häufig stellt man Behauptungen auf, die – wie sich früher oder später herausstellt – nicht stimmen.Informative Aussagen können wahr oder falsch sein. Wir alle vertreten Aussagen, von denen wir mehr, und Aussagen, von denen wir weniger überzeugt sind.Der Grad unseres Glaubens an Aussagen steht aber nicht zur Diskussion, sondern die Aussagen selbst. Gerade Aussagen, an die ein Mensch mit großer Inbrunst glaubt, stellen sich nicht selten als falsch heraus. Eine informative Aussage bleibt eine informative Aussage, auch wenn sie nicht stimmt. „Der Mond besteht aus Käse“, ist also eine falsche informative Aussage. Falsche Aussagen bevölkern unsere Diskussionen und auch in der Geschichte der Wissenschaften tauchen sie oft auf. Wenn es gut geht, gelingt es rasch, die falschen Aussagen über die Welt zu identifizieren.Das Scheitern informativer Aussagen gehört zu den unverzichtbaren Bestandteilen vonErkenntnisprozessen. Es zeigt, dass wir uns oft irren. Die meisten zeitgenössischen Philosophen – und viele praktizierende Wissenschaftler – vertreten aus diesem und anderen Gründen die folgende Auffassung: Alle unsere Behauptungen über Gott und die Welt, also alle informativen Aussagen, sindHypothesen. Allerdings gibt es einfache beschreibende Aussagen, die praktisch sicher sind, an denen kein vernünftiger Mensch zweifelt, wie: „In diesem Zimmer befindet sich kein Rhinozeros“ (ein Beispiel von Bertrand Russell). Und dank der wissenschaftlichen Erforschung der Welt können wir davon ausgehen, dass viele Hypothesen niemals wiederkehren. „Die Erde ist eine Scheibe“ ist falsch und wird falsch bleiben. Solche Hypothesen spielen in unseren Diskussionen keine Rolle – sofern wir nicht gerade über die Geschichte der Wissenschaft debattieren. In Diskussionen setzen wir uns meistens mit kühneren Aussagen auseinander, mit Aussagen, die umstritten sind. Nun gut, aber was haben wir uns unter einerTheorie vorzustellen? „Die Erde ist eine Scheibe“ ist doch eine alte ehrwürdige Theorie über den Ort, den wir bewohnen. Tatsächlich verwenden manche Autoren „Theorie“ und „Hypothese“ als (nahezu) bedeutungsgleiche Begriffe. So wird beispielsweise behauptet: Auch die großen naturwissenschaftlichen Theorien, wie die von Einstein, sindHypothesen – Hypothesen, die sich bisher bewährt haben, die vielleicht auch wirklich stimmen. Übrigens würde Einstein, wenn er noch lebte, diese Auffassung teilen. Der folgende Differenzierungsvorschlag erscheint mir dennoch sinnvoll: Die Scheibentheorie der Erde umfasst mehr als die eine Aussage, die Erde sei eine Scheibe. Sie ist mit weiteren Aussagen verknüpft, Aussagen, die u.a. die folgenden Fragen beantworten: Wie ist diese Scheibe befestigt? Liegt sie im Wasser? Und worauf ruht dann das Wasser? Wie groß ist die Scheibe?Eine Theorie besteht folglich aus einem Geflecht informativer Aussagen. Diese Aussagen stehen in logischen Beziehungen zueinander. So sollten sich die Aussagen, aus denen eine Theorie gebaut ist, nicht widersprechen.Theorien sind verknüpfte Hypothesen.

Informative Aussagen unterscheiden sich in der Fülle dessen, was sie über die Welt behaupten. Die einen sagen mehr aus, die anderen weniger, manche (fast) gar nichts. Aber was kennzeichnet Aussagen, die einen hohen Gehalt an Informationen haben? Betrachten wir hierzu ein Beispiel:

„Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt, wie es ist.“

Offensichtlich können wir mit dieser Behauptung nichts anfangen. Sie sagt fast nichts aus, weil sie zu viel offen lässt. Aber Aussagen lassen sich verbessern – versuchen wir es:

„Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, verändert sich das Wetter innerhalb der nächsten 3 Tage“.

Schon besser! Jetzt wird ein Zusammenhang zwischen zwei Ereignissen behauptet, und Sie und ich könnten herauszufinden versuchen, ob dieser Zusammenhang tatsächlich existiert – ob die Aussage stimmt. So richtig zufrieden sind wir aber noch nicht. Hähne krähen oft, ab wann sollen wir die Tage zählen? Machen wir einen weiteren Versuch:

„Wenn der Hahn öfter als 10mal an einem Tag kräht, dann verändert sich das Wetter innerhalb der nächsten 3 Tage“.

Diese Aussage ist besser; sie läßt sich richtig prüfen. Bitte beachten Sie, dass wir über den Gehalt einer Hypothese diskutieren können, ohne danach zu fragen, ob sie auch stimmt. Dieses kleine Beispiel zeigt uns u.a. folgendes: „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, dann ändert si

Cover1
Titel2
Zum Buch3
Über den Autor3
Impressum4
Inhalt5
1. Einleitung7
2. „Warum soll ich überhaupt vernünftig sein?7
97
3. Voraussetzungen vernünftiger Argumentation13
Zwei Hauptregeln16
4. Wie wir Diskussionen vorbereiten und leiten können – einige nützliche Tips18
5. Aussagen, Hypothesen, Theorien – was wir auf jeden Fall darüber wissen sollten21
Wir klassifizieren Aussagen24
Wir gliedern eine Rede28
6. Begriffe, Definitionen, Klassifikationen – wie wir richtig damit umgehen30
7. „Können Sie das auch beweisen?30
3630
8. Kritik üben38
Wir kritisieren informative Aussagen39
Wir kritisieren technologische Aussagen43
Wir kritisieren normative Aussagen46
Ein Gespräch über Moral51
Sein und Sollen: Wie vernünftig ist die Unterscheidungzwischen informativen und normativen Aussagen? – ein kleiner Exkurs55
Ideologiekritik – ein Überblick57
9. Fehler beim Argumentieren: Fehlschlüsse, faule Tricks und Immunisierungsstrategien64
Achtung Fehlschlüsse!65
Genetische Fehlschlüsse65
Angriffe auf die Person66
Intentionalistische Fehlschlüsse71
Performative Widersprüche72
Naturalistische Fehlschlüsse74
Faule Tricks76
Trick Nr. 1: Die Entweder-Oder-Taktik76
Trick Nr. 2: Aussagen entstellen78
Trick Nr. 3: Ausweichen in Details79
Trick Nr. 4: Definitionen-Abfrage81
Trick Nr. 5: Gegenfragen81
Trick Nr. 6: „Ja, aber“82
Immunisierungsstrategien – nur nicht die Nerven verlieren82
Vage und schwärmerisch formulieren83
Mit Begriffsmonstern argumentieren84
Eine privilegierte Position haben84
Alles eine Frage des Glaubens87
Thesen nachträglich verändern90
Ad hoc-Thesen erfinden91
10. „Ich habe aber die Erfahrung gemacht …91
9391
Theorien und Erfahrungen – einige Erläuterungen94
11. „Als Betroffene muss ich dazu sagen …94
9894
12. „Alles hängt doch vom jeweiligen Standpunkt ab, alles ist relativ94
10194
Der Relativismus der Esoteriker105
13. Die Gesprächspartner – wie wir sie unterscheiden können110
14. Argumentieren und kommunizieren – die Botschaften des Körpers und der Stimme112
Frauen und Männer – wie verschieden reden und argumentieren sie?115
15. Gut präsentieren, vernünftig argumentieren120
Richtig vorbereiten121
Gut gliedern123
Richtig sprechen132
Verständlich formulieren139
16. Die Präsenz – wie wir sie optimieren können146
Über den richtigen Umgang mit Medien150
17. Ein Fazit: Möglichkeiten und Grenzen vernünftiger Argumentation154
18. Das große Finale155
Literaturhinweise161
Register166