: Nury Vittachi
: Der Fengshui-Detektiv und der Geistheiler Kriminalroman. Der Fengshui-Detektiv (2)
: Unionsverlag
: 9783293306028
: 1
: CHF 7.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wenn ein malaysischer Geistheiler jemanden ganz ohne Spuren umbringen will, dann muss er nach Süden gehen. Ganz runter, nach Australien. Am besten nach Sydney, und dort am besten zur Oper. Denn das Opernhaus von Sydney hat das allerschlechteste Fengshui. Also ein Fall für den Fengshui-Detektiv C. F. Wong und seine Assistentin Joyce McQuinnie. Es hilft nichts, dass auch noch eine von Geistererscheinungen geplagte Zahnarztfamilie und die Hongkonger Triaden mitmischen: Sydney ist nach den turbulenten Aktionen unseres Pärchens nicht mehr dieselbe Stadt.

Nury Vittachi, geboren 1958 in Sri Lanka, gilt - laut BBC - als »Hongkongs witzigster Kommentator«. Aufgewachsen u. a. in Großbritannien, lebt er seit 1986 in Hongkong, wo er sich als Kolumnist, Buchautor und Herausgeber einer Literaturzeitschrift Kultstatus verschafft hat. Er arbeitet als Dozent an der Hong Kong Polytechnic University.

Montag


Ein Toter begeht ein Verbrechen

Kürzlich, vor dreitausend Jahren, lebte in China ein auf dem Wasser treibendes Volk. Es wohnte über den Fluten und speiste mit dem Wind. Jede Familie hauste auf einer Rampe in einer Bucht. Wenn ein Knabe erwachsen wurde, stellte er sich an den Rand seiner Rampe und rief. Das Mädchen, das er liebte, rief zurück. Dann baute er zwischen seiner und ihrer Rampe eine Brücke. Hatte seine Familie das Mädchen gern, so half sie ihm beim Bau der Brücke. Die Wohnstätten wurden verbunden, und beide Familien vereinigten sich.

Eines Tages hörte ein Jüngling des auf dem Wasser treibenden Volks von jenseits des Horizonts ein Flüstern. Es kam von einem weit entfernten Mädchen. Lange riefen sie einander zu. Dann wollten sie heiraten.

Seine Familie sagte Nein. Das Mädchen gehörte einem andern Volk an und lebte zu weit entfernt.

Doch der Jüngling hatte sich entschieden. Er machte sich an den Bau einer Brücke bis zum Horizont. Er grub tief in den Meeresgrund, um ein festes Fundament zu legen.

Seine Familie half ihm nicht. Sie sagte, die Tradition, sich mit Nachbarn zu verheiraten, würde die Gemeinschaft stärken.

Seine Brücke nannte sie »Flüsterbrücke«. Sie befahl ihm innezuhalten.

Aber er hörte nicht auf sie. Acht Jahre lang baute er an seiner Brücke. Als er fertig war, begegnete er dem Mädchen, das ihm von jenseits des Horizonts zugeflüstert hatte, und sie wurden auf der großen Brücke vermählt.

Im folgenden Jahr erhob sich ein gewaltiger Sturm. Er zerstörte die Rampen mit den Wohnstätten des auf dem Wasser treibenden Volks.

Die Flüsterbrücke aber blieb stehen.

So geht es auch uns, Grashalm. Was mit langer Mühe aufgebaut wird, lässt sich auch nur langsam zerstören. Etwas zu tun, das sich eigentlich nicht tun lässt, ist schwierig. Hat man es aber erst geschafft, kann man es auch nicht mehr ungeschehen machen. Willst du sichergehen, dass eine alte Tradition ihre Wirksamkeit behält – dann ändere sie.

(Gesammelte Sprüche östlicher Weisheit, von C.F.Wong, Teil 342)

C.F.Wong blies über das Papier, um die Tinte zu trocknen. Er saß an seinem Schreibtisch und schrieb in sein Notizbuch. Für das Kapitel,