: H.G. Wells
: Die Zeitmaschine Eine Erfindung. Roman. Vollständig. Neu übersetzt von Hans-Ulrich Möhring. Mit einem Nachwort zu Leben, Werk und Wirkung von Elmar Schenkel
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104037196
: Fischer Klassik Plus
: 1
: CHF 14.00
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ende des 19. Jahrhunderts unternimmt der »Zeitreisende« - ein nicht namentlich genannter Erfinder - einen Ausflug in das Jahr 802.701, wo er zwei verschiedene Menschenrassen antrifft: die scheinbar sorgenfrei und glücklich an der Erdoberfläche lebenden Eloi und die unterirdischen Morlocks. Erst mit der Zeit findet er heraus, dass zwischen den Eloi und den Morlocks ein Anhängigkeitsverhältnis besteht, das seine schlimmsten Befürchtungen übertrifft! Nach einem Abstecher in die ferne Zukunft, wo über der stillstehenden Erde ein riesiger roter Feuerball lodert, kehrt er in die Gegenwart zurück. Da ihm jedoch niemand Glauben schenken will, begibt er sich erneut auf die Reise ... Diese Ausgabe enthält neben einem Nachwort des Wells-Experten Elmar Schenkel die gestrichenen Passagen ?Die Rückkehr des Zeitreisenden«; drei Vorworte der Ausgaben der Jahre 1924, 1931 und 1934; den Vorläufer: ?Die Chrononauten? aus dem Jahr 1888 sowie die Essays aus dem Jahr 1893 ?Der Mann aus dem Jahr 1.000.000. Eine wissenschaftliche Vorausschau? und?Das Aussterben des Menschen. Einige spekulative Gedanken? von 1894.

Herbert George Wells (1866-1946) gilt, neben Jules Verne, als »Vater der Science-Fiction«. Ihm verdanken wir die grundlegende Ausarbeitung zahlreicher Motive, die das Genre bis heute maßgeblich prägen: Zeitreise, Unsichtbarkeit, außerirdische Invasion und viele mehr. Darüber hinaus hat er sich als Historiker und Verfasser gesellschaftskritischer Werke einen Namen gemacht.

I.Einleitung


Der Zeitreisende (so sei er der Einfachheit halber genannt) erläuterte uns einen obskuren Sachverhalt. Seine grauen Augen glänzten und funkelten, und sein sonst meist blasses Gesicht war lebhaft gerötet. Das Feuer brannte munter, und der milde Schein der Glühbirnen in den silbrigen Lilien fiel auf die Bläschen, die in unseren Gläsern aufglitzerten und vergingen. Unsere Sessel, nach seinem Entwurf gefertigt, waren in der Art, wie sie uns umschmeichelten, mehr als bloße Sitzmöbel, und es herrschte jene wohlige Stimmung nach einem guten Essen, in der die Gedanken leichtfüßig die Hemmschuhe der Genauigkeit abstreifen. Und in dieser Manier, den schlanken Zeigefinger immer wieder zum Nachdruck erhebend, sprach er zu uns, die wir gemütlich zurückgelehnt seine ernste Betrachtung dieses neuen Paradoxons (wie wir meinten) und seine Unerschöpflichkeit bewunderten.

»Sie müssen mir aufmerksam folgen. Ich werde ein oder zwei Anschauungen widersprechen müssen, die beinahe als allgemeinverbindlich gelten. Die Geometrie beispielsweise, die man Ihnen in der Schule beigebracht hat, beruht auf einer falschen Sicht der Dinge.«

»Ist es nicht ein bisschen viel verlangt, gleich zu Anfang so einen Brocken zu schlucken?«, sagte Filby, ein streitlustiger Rotschopf.

»Ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie irgendetwas ohne sinnvolle Begründung einfach hinnehmen. Was ich von Ihnen brauche, werden Sie mir bald zugeben. Sie wissen natürlich, dass eine mathematische Linie, eine Linie der Stärke null, im realen Leben nicht vorkommt. So haben Sie es doch gelernt, nicht wahr? Eine mathematische Ebene ebenso wenig. Das sind reine Abstraktionen.«

»Ganz richtig«, sagte der Psychologe.

»Und nur mit den Eigenschaften Länge, Breite und Stärke kann es auch einen Würfel im realen Leben nicht geben.«

»Einspruch«, sagte Filby. »Selbstverständlich kann es einen Festkörper geben. Alle realen Dinge –«

»Das glauben die meisten Leute. Aber warten Sie ab. Kann es einen dauerlosen Würfel geben?«

»Da komme ich nicht mit«, sagte Filby.

»Kann ein Würfel, der keinerlei zeitliche Dauer hat, im realen Leben vorkommen?«

Filby wurde nachdenklich. »Zweifellos«, sprach der Zeitreisende weiter, »bedarf jeder reale Körper einer Ausdehnung in vier Richtungen: Er muss Länge, Breite, Stärke und – Dauer haben. Doch aufgrund einer angeborenen Schwäche des Fleisches, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde, neigen wir dazu, diese Tatsache zu übersehen. Es gibt in Wirklichkeit vier Dimensionen, drei, die wir als die drei Ebenen des Raumes bezeichnen, und eine vierte, die Zeit. Es besteht jedoch die Tendenz, eine irreale Unterscheidung zwischen jenen drei Dimensionen und dieser vierten zu treffen, weil es so eingerichtet ist, dass unser Bewusstsein sich mit ihr vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens sporadisch immer nur in einer Richtung bewegt.«

»Das«, sagte ein sehr junger Mann, während er sich krampfhaft bemühte, seine Zigarre über der Lampe neu anzuzünden, »… das … völlig einleuchtend.«

»Es ist nun sehr bemerkenswert, dass dieser Umstand so weithin übersehen wird«, fuhr der Zeitreisende mit einem leichten Anflug von Heiterkeit fort. »Genau das ist nämlich mit der vierten Dimension gemeint, auch wenn einige, die von der vierten Dimension reden, sich gar nicht darüber im Klaren sind. Sie bedeutet nur eine andere Sicht der Zeit.Es gibt keinen anderen Unterschied zwischen der Zeit und den drei Dimensionen des Raumes als den, dass unser Bewusstsein sich mit ihr bewegt. Aber einige Dummköpfe zäumen das Pferd von hinten auf. Ist Ihnen allen geläufig, wie diese Leute die vierte Dimension verstehen?«

»Mir nicht«, sagte der Provinzbürgermeister.

»Schlicht folgendermaßen. Nach dem Willen unserer Mathematiker hat der Raum drei Dimensionen, die man Länge, Breite und Stärke nennen kann, und lässt sich immer anhand von drei Ebenen definieren, die jeweils im rechten Winkel zueinander stehen. Aber ein