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Ich hatte eine abgelegene Stelle aufgesucht, weit weg vom Highway und den Leuten, um die morgendlichen Schatten auf den spektakulären Lavabergen rund um den Gran Desierto in Süd-Arizona zu zeichnen. Die dunkelbraunen Felszacken blitzten förmlich auf, wenn die Sonne ihre Spitzen berührte. Um mich herum lagen verstreut riesige Brocken porösen Gesteins, Überreste der Lavaströme eines gewaltigen Vulkanausbruchs. Ich machte es mir auf einem dieser Felsen bequem und vertiefte mich ganz in meine Arbeit, wie schon so oft alles um mich herum vergessend außer dieser wilden, zerklüfteten Schönheit. Ich hatte gerade den Umriss der fernen Berge mit ihren Vorsprüngen und Vertiefungen skizziert, als ich bemerkte, dass ich von einer Frau beobachtet wurde. Es ärgerte mich maßlos, dass jemand meine Einsamkeit störte. Ich gab mir alle Mühe, sie zu ignorieren, aber dann kam sie auch noch näher und ich drehte mich wütend nach ihr um.
Die hohen Wangenknochen und das schulterlange schwarze Haar verliehen ihr eine eurasische Note. Ihre glatte, weiche Gesichtshaut machte es schwierig, ihr Alter zu schätzen; sie hätte dreißig, aber auch fünfzig sein können. Sie war gut zehn Zentimeter größer als ich, also ungefähr einsfünfundsiebzig, aber mit ihrem kräftigen Körperbau wirkte sie im Vergleich zu mir geradezu massig. Dennoch strahlte sie in ihrer schwarzen Seidenhose und der orientalischen Jacke eine kraftvolle Behändigkeit aus.
Ihre Augen fielen mir auf, grün und funkelnd. Etwas Freundliches schimmerte aus ihnen und mein Ärger verflog. Ich stellte ihr die ziemlich törichte Frage: »Wohnen Sie hier in der Gegend?«
»Nein«, sagte sie und kam noch ein paar Schritte näher. »Ich bin unterwegs zur Grenzstation Sonoyta. Ich wollte mir nur ein bisschen die Beine vertreten und finde mich plötzlich in dieser gottverlassenen Ecke. Ich war so überrascht, hier mitten im Nirgendwo jemanden anzutreffen, dass ich der Versuchung einfach nicht widerstehen konnte, Sie zu stören.« Sie streckte mir i