: Bernd Ladwig
: Gerechtigkeitstheorien zur Einführung
: Junius Verlag
: 9783960600077
: 1
: CHF 11.70
:
: Philosophie
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Gerechtigkeit ist eine moralische und politische Grundnorm. Ihren Kern bilden Fragen gerechter Verteilung. Ist eine gerechte Verteilung aber gleichbedeutend mit recht verstandener Gleichheit? Die Einführung vertritt diese zuerst von Aristoteles systematisierte Ansicht. Am Leitfaden begrifflicher Merkmale werden dabei institutionelle mit handlungs- und personenbezogenen Gerechtigkeitsvorstellungen vermittelt. Auf dieser Grundlage bietet der Band eine ausgewogene Darstellung und kritische Würdigung der Beiträge von Denkern wie John Rawls, Robert Nozick, Michael Walzer, Ronald Dworkin und Amartya Sen. In einem Ausblick kommen Fragen globaler Gerechtigkeit zur Sprache.

Bernd Ladwig ist Professor für Politische Theorie an der Freien Universität Berlin.

2. Bereiche der Gerechtigkeit


Das bisherige Ergebnis lautet: Gerechte Handlungen bestehen in der willkürfreien Befolgung von Normen, die selbst willkürfrei gerechtfertigt sind. Aber Handlungen und Normen sind nicht das Einzige, was wir gerecht oder ungerecht nennen. Vor allem zwei weitere Bereiche der Begriffsverwendung sind wichtig: Manche Gerechtigkeitsurteile beziehen sich auf Personen, andere auf Verwirklichungen. Wir können erstens Menschen, ihre Einstellungen, ihre Haltungen und ihre Charaktermerkmale gerecht oder ungerecht nennen. Wir können zweitens von der Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit sozialer Zustände, Ordnungen, Institutionen und auch Praktiken sprechen.

2.1 Gerechtigkeit als Tugend


Die erste Redeweise ist heute etwas aus der Mode gekommen. Sie wird gelegentlich noch in einem etwas feierlichen Tonfall verwendet. So darf in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ein »Gerechter unter den Völkern« einen Baum für sich pflanzen. Jeder Baum steht für einen Menschen, der bei der Rettung von Juden vor den Nazis persönliche Risiken auf sich genommen hat. Auch darf der Retter dabei keine Vorteile für sich selbst angestrebt haben.23 Diese Verwendung von »gerecht«, so außergewöhnlich sie heute