2. Kapitel
John konnte sich nicht bewegen. Gleich würde er losfahren, aber zunächst mussten sich sein Atem und sein Herzschlag beruhigen.
Vor fünf Jahren – um den ersten Juni herum, als alles prachtvoll blühte und grünte, hatte er sie kennengelernt. Leigh, siebenundzwanzig, langbeinig, intelligent, wohlhabend, auf einem langen Besuch bei ihrer Mutter. Nach einjähriger Trennung von ihrem Mann hatte sie die Scheidung eingereicht. Eine kampflose Trennung in beiderseitigem Einvernehmen, ohne schmutzige Wäsche, ohne Getue, einfach und zügig. Eine reine Formsache, hatte Leigh ihm erzählt, zumal sie und ihr Mann, der sich immer mehr von ihr entfernt hatte, immer schon eher wie Schüler und Lehrer statt wie Mann und Frau waren.
John hatte sie im Steakhaus erblickt, wo sie allein an der Bar saß und ein Glas Weißwein trank. Sie sah aus wie Millionen anderer langbeiniger Schönheiten auf Besuch in Durango, allerdings war es Juni. Die meisten Frauen, die so attraktiv und fotogen waren, traf man hier während der Skisaison an. Dann war Durango ein regelrechtes Sammelsurium von weiblichen Reizen. John stellte sich ihr vor; er wollte nur ein wenig Zeit mit einer umwerfend schönen Frau totschlagen. Da erfuhr er, dass sie Jess Wainscotts Tochter war. Er hatte hier und da Reparaturen und landschaftsgärtnerische Arbeiten für Jess Wainscott übernommen. Also genehmigte er sich ein paar Bierchen, während Leigh hauptsächlich nur den Stiel ihres Weinglases zwischen den Fingern drehte. Sie plauderten, und John verliebte sich Hals über Kopf in sie. Auf der Stelle.
Ihr Exmann in spe war Molekularbiologe an der Stanford University, Gentechniker. Als sie ihn kennenlernte, war sie noch sehr jung gewesen und hatte gerade an ihrer Abschlussarbeit gesessen. Sie heiratete ihn und arbeitete für ihn und mit ihm an seinen Forschungsprojekten. John hatte angenommen, sie wäre seine Sekretärin gewesen. Obwohl einige Mitglieder seiner Familie sehr gebildet waren, hatte er bisher noch nie etwas mit einer Wissenschaftlerin zu tun gehabt.
Jedes Mal, so erklärte Leigh, wenn Max Brackon ein neues Projekt und ein neues Budget zugewiesen bekam, heuerte er seine Frau an. Jetzt war sie zur Erholung zu Hause; sie beabsichtigte, ihren Lebensstil zu ändern. In ihrem Leben fehlte ihr eine ganze Menge. Da lud er sie zu einer Verabredung ein.
„Ein Date? Darf ich das denn?“, fragte sie.
„Das ist in Ordnung im Trennungsjahr“, erklärte er, als wüsste er Bescheid. Dabei wusste er im Grunde nur, dass er unbedingt mit ihr zusammen sein musste.
„Ich muss unter Leute kommen“, meinte sie. „Mit Max war ich völlig isoliert und habe nie … Ja“, stimmte sie schließlich zu. Er verabredete sich mit ihr für den Freitagabend auf einen Drink, gleiche Zeit, selber Ort. „Was denkst du, soll ich meiner Mutter davon erzählen?“
„Tja, klar doch … würde ich sagen. Warum nicht? Oder du könntest ihr sagen, dass du dem Sierra Club beigetreten bi