3. Tausendundeine Macht
Das Park-Hyatt-Hotel Abu Dhabi gehört nicht zu den exklusivsten Häusern in den Emiraten, denkt man an Luxuspaläste wie das Emirates Palace oder den Burj Khalifa. Im europäischen Vergleich, gemessen an manchen angeblichen Edeladressen auf dem alten Kontinent, ist das genau umgekehrt. Hier am Golf ist vieles größer, weiter, teurer. Und das ganz besonders, wenn es um Restaurants geht, um Shoppingmalls oder eben um Hotels. Das Park-Hyatt auf Saadiyat-Island mag also nicht zu den absoluten High-End-Adressen der Region gehören, hoch ist der Standard trotzdem. Der Weg dorthin führt über die Brücke des Sheikh-Khalifa-Highways, links lässt man die Container-Trostlosigkeit des Hafens, des Mina Zayed, hinter sich. Schon taucht das mehrgeschossige, sandsteinfarbige, von Palmen eingerahmte Portal des St. Regis-Hotels auf, wenig später der Golfclub mit seinem endlosen Grün in einem Land, das solches Grün von Natur aus kaum hat und vielleicht auch nicht in diesem Überfluss haben sollte, auf jeden Fall nicht haben muss. Die Fahrt vom Zentrum aus nach Saadiyat-Island lässt erahnen, weshalb Abu Dhabi von vielenBubble genannt wird, Blase. Künstlich und artifiziell, abgehoben manchmal und absurd nicht selten. Vor allem, weil dieses Blase wieder viele kleine andere Blasen in ihrem Inneren vereint. Wie ein Schneekugelglas, in dem wiederum kleine Seifenblasen herumschwirren. Auch sie berühren sich nur kurz und flüchtig, reißen sich schnell wieder auseinander, allerdings ohne ineinander aufzugehen, zu verschmelzen oder gar neue, gemeinsame Blasen zu bilden.
Dort gibt es beispielsweise die Local-Blase der Einheimischen, definitiv die abgetrennteste von allen. Es gibt die der gut bezahltenExpats, moderne Industrie- und Dienstleistungssöldner, und die derWorker, die auf den Baustellen malochen, und derMaids, die Kinder hüten. Oder auch die derAssistants, die in Malls, Bars oder Restaurants herumwieseln – das Wort „eilfertig“ könnte nicht passender und angebrachter sein. In Hotels kommen sich diese Blasen näher, ohne sich wirklich nahezukommen, immer durch den Zweck und die Hierarchie definiert und distanziert, in den Rollen bleibend und nur selten daraus ausbrechend. Wenn dies trotzdem geschieht, dann sind es Ausbrüche, die deprimieren können, die beschämen oder aber bereichern. Ausbrüche, die viel sagen über den anderen und noch mehr über einen selbst.
So zum Beispiel nach der Autofahrt vorbei an vielen Golfclub-Schildern und noch mehr Maseratis und Porsches, die langgezogene Auffahrt hinauf zum Valet-Parking vor jenem Hotel. „Sir, please, thanks, Sir, welcome, Sir, please.“ Schon in der Lobby und auf blitzblankem Marmor und unter ebenso glänzenden Leuchtern ist es endlich angenehm warm und nicht mehr drückend schwül, die Hitze genauso draußen lassend wie die Realität, zumindest das kleine bisschen an Realität, das es selbst in der Blase zu sehen gibt. Wenn man es sehen will.
Im Restaurant dann Dinner,all you can eat ist hier eherall you want and can imagine. Mit mir ein Priester, allerdings ohne römischen Kragen, natürlich. Bedient werden wir von einer Filipina. Alles sehr freundlich und manchmal für Menschen wie uns, die daran nicht gewöhnt sind, eine Spur zu viel. Oder sollte man überhaupt daran gewöhnt sein? Sollte man nicht … ich schweife in Gedanken ab. Freundlich also fragt uns die Filipina irgendwann, woher wir kämen. Deutschland, gut, Deutschland sei sehr gut. Das höre ich oft hier, und jedes Mal frage ich mich,