1. KAPITEL
„Die Verträge sind unter Dach und Fach. Es gehört alles Ihnen … die Firma, das Haus und das Grundstück“, bestätigte der ältere Mann.
Wenn Valente Lorenzatto lächelte, gingen seine Feinde in Deckung. Selbst seine Angestellten hatten gelernt, sich nicht davon täuschen zu lassen. „Ausgezeichnete Arbeit, Umberto.“
„Das ist Ihr Verdienst“, erwiderte Umberto. „Ihr Plan ist aufgegangen.“
Umberto hätte alles dafür gegeben, herauszufinden, weshalb sein überaus vermögender Arbeitgeber so viel Zeit und Energie auf den Kauf einer englischen Transportfirma und ein kleines Stück Land verschwendet hatte – weder die Spedition, noch das Grundstück schienen ihm in finanzieller oder strategischer Hinsicht diesen Aufwand zu rechtfertigen. Umberto bezweifelte die Gerüchte, dass Valente früher einmal, lange vor seinem ersten großen Geschäftsabschluss, dort gearbeitet hatte. Ohnehin konnte sich niemand vorstellen, dass Valente ein einfacher LKW-Fahrer gewesen sein sollte. Aber wie auch immer, das Blatt hatte sich gewendet, als Valente seinen ersten millionenschweren Deal abgeschlossen hatte und die stolze Familie Barbieri sich entschloss, Valente als Count Ettore Barbieris unehelichen Enkelsohn anzuerkennen.
Die Barbieris konnten sich glücklich schätzen, einen derart erfolgreichen Macher wie ihn im Stammbaum zu finden, gerade als das Familienvermögen eine kräftige Finanzspritze gut gebrauchen konnte. Der alte Count war sogar so weit gegangen, seine anderen Verwandten zu enterben. Mit Ausnahme seines Titels hatte er seinen gesamten Besitz Valente hinterlassen.
Im Gegenzug wurde Valente gebeten, den Namen Barbieri anzunehmen. Doch ganz der Rebell, der er war, hatte er verkündet, er sei stolz darauf, den Namen seiner verstorbenen Mutter zu tragen. Ihn abzulegen, sei eine Beleidigung ihres Andenkens.
Nachdem Valente Umberto und die anderen Mitarbeiter aus dem Zimmer geschickt hatte, trat er auf den steinernen Balkon hinaus und ließ den Blick über das muntere Treiben auf dem Canal Grande schweifen.
Er nippte an seinem schwarzen Kaffee und erlaubte sich, den Moment zu genießen, auf den er fünf lange Jahre hingearbeitet hatte. Matthew Baileys fehlerhaftem und inkompetentem Management hatte er es zu verdanken, dass Hales Transport jetzt ihm gehörte. Zusammen mit der Firma war auch ein altes renovierungsbedürftiges Haus namens Winterwood in seinen Besitz übergegangen. In diesem Augenblick verspürte er tiefste Zufriedenheit.
Dabei war Valente weder ein geduldiger, noch ein rachsüchtiger Mensch. Immerhin war er auch nicht auf Rache an seiner eigenen Familie aus gewesen, obschon sie seiner Mutter jede Unterstützung versagt hatte.
Danach gefragt, hätte Valente sicherlich geantwortet, er halte Rache für reine Zeitverschwendung. Es sei immer besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen, weil nur die Zukunft aufregende und lohnenswerte Herausforderungen bereithielt.
Allerdings, um diese Einsicht kam auch er nicht herum, war er in den letzten fünf Jahren keiner Frau begegnet, die ihn auch nur annähernd so fasziniert hatte, wie seine ehemalige englische Verlobte Caroline Hales. Seine Caroline mit den hellen Haaren und den nebelgrauen Augen, die immer weinte, wenn jemand Tiere grausam behandelte – die ihn aber skrupellos vor dem Altar stehen gelassen hatte und stattdessen einem reicheren Mann das Jawort gab.
Vor fünf Jahren hatte Valente noch als LKW-Fahrer seinen Lebensunterhalt verdient und in seiner spärlichen Freizeit versucht, den Abschluss als Diplomkaufmann zu machen. Das Leben war hart, aber gut … bis er den Fehler beging, sich Hals über Kopf in die Tochter des Besitzers von Hales Transport zu verlieben. Doch Caro, wie ihre Familie sie rief, hatte ihn von Anfang an zum Narren gehalten. Zwar hatte sie ihn und Matthew Bailey gleichzeitig zappeln lassen, letzten Endes aber, trotz heftiger Liebesbeteuerungen, ihre Sandkastenliebe in einer protzigen Zeremonie geheiratet.
Mittlerweile war er, Valente, nicht mehr arm. Tatsächlich war es die Vorstellung, dass die Frau, die er liebte, na