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»Du brauchst einen Mann.«
Lauren Reynolds stöhnte, als ihre beste Freundin diesen Vorschlag viel zu laut machte, und hatte das Gefühl, als wäre einer der eleganten Kronleuchter in dem noblen New Yorker Ballsaal gerade zu einem Scheinwerfer geworden. »Sprich gefälligst leise, sonst hört dich noch jemand.«
»Du bist aber empfindlich«, erwiderte Julie spöttisch, und ihre himmelblauen Augen funkelten ebenso wie ihr blaues, tief ausgeschnittenes Kleid. »Warum interessiert es dich, was diese Leute denken?«
»Es muss mich interessieren, und das weißt du auch. Diese Leute sind die Freunde und Kollegen meines Vaters, der hier heute zufälligerweise seinen Geburtstag feiert. Und ich habe jetzt genug von deiner ›Du brauchst einen Mann‹-Litanei, die ich mir schon die ganze Woche anhören muss. Wir können nicht alle so aussehen wie Marilyn Monroe, der die Männer zu Füßen gelegen haben. Vermutlich ist es einfach so, dass Blondinen bevorzugt werden und wir Brünetten uns mit Schokolade und Frauenzeitschriften zufriedengeben müssen.«
»Wie langweilig.«
»Langweilig ist für mich völlig in Ordnung. Ich habe dank der Karriere meines Vaters und meines Jobs schon mehr als genug mit männlichen Egos zu tun.«
Julie stellte ihr Glas auf eine der zahlreichen Bars, die ebenso wie die Tische mit köstlichem Finger Food in dem großen Saal aufgestellt worden waren. »Endlich kommen wir der Sache auf den Grund. Du warst ganz offensichtlich viel zu lange in der Welt deines Daddys eingesperrt und von allem abgeschirmt und hast vergessen, dass nicht alle Männer Politiker sind.«
»Ich arbeite im Büro des Bezirksstaatsanwalts, Julie«, begehrte Lauren auf. »Und ich werde bald mit einem Mordprozess vor Gericht gehen, der mit der Todesstrafe enden könnte, und das wäre nicht das erste Mal, dass ich dieses Urteil erwirke. Das kannst du wohl kaum als ›eingesperrt und abgeschirmt‹ bezeichnen. Und ich bin auch nicht ständig von Politikern umgeben.«
»Ach, bitte. Der Bezirksstaatsanwalt wird ja wohl immer noch gewählt, und dieser ganze besondere, über den wir hier reden, mischt in der Politik gut mit, wie du ganz genau weißt.« Julie musterte Lauren kurz, und ihre Miene und ihr Tonfall wurden sanfter, als sie hinzufügte: »Hör mal, abgesehen davon, dass du keinen Mann an deiner Seite hast, mache ich mir auch so Sorgen um meine beste Freundin. Du musst mal zur Ruhe kommen und dich amüsieren. Seitdem du mit den Vorbereitungen für diesen Prozess begonnen hast, arbeitest du rund um die Uhr. Und davor war es auch nicht viel besser.«
»Das ist eine große Sache«, beharrte Lauren. »Es ist …
»Es ist immer eine große Sache für dich«, fiel ihr Julie ins Wort. »Aus genau diesem Grund bearbeitest du auch Mordfälle und keine einfachen Diebstahlsdelikte. Du machst unzählige Überstunden, ohne dich zu beschweren, und dann schaffst du es sogar irgendwie noch, deine Pflichten als Tochter zu erfüllen. Manchmal kommst du mir vor wie ein Roboter.«
»Es ist sein Geburtstag, Julie.«
»Das mit heute Abend verstehe ich ja«, sagte sie. »Es sind die vielen anderen Veranstaltungen, und die Betonung liegt auf ›viele‹, bei denen du dich wegen ihm sehen lässt, und das muss aufhören.« Sie senkte den Kopf und sprach leise weiter. »Du brauchst ein eigenes Leben, und das führt mich zum eigentlichen Thema und einem heißen Kerl zurück, und nein, rein virtuelle Flirts gelten nicht.«
»Ich habe gerade erst eine Beziehung hinter mir und brauche keine neue.«
»Gerade erst ist g