Die Schulreiterin … sie stockte … was war’s, was ihn zu dieser Frau zog? War’s auch hier nur der Trieb der Sinne? Nein! Hier schien es mehr zu sein. Durch einen Zufall war sie auf die Spur gekommen, war ihr nachgegangen. Sie hatte zurückgeführt bis zum Kanal.
In der gleichen Zeit, in der er in ihr Leben brach, hatte er auch jene umworben. Umworben? Ja! Hier war’s Werben, Werben um mehr als das jugendschöne Mädchen. Gefühlsmäßig hatte sie das erfaßt. Ein Hieb für ihren Stolz, für ihr Selbstbewußtsein.
Und dann hatte sie dieses Mädchen gesehen … im Zirkus in Kapstadt, und Hass und Neid hatten ihre Hand geführt, hatten sie jene Rosen schleudern lassen, die die andere zum Sturz brachten. Im letzten Augenblick wollte ihre Hand zurück, aber der Wurf war geschehen … und dann war Tredrup gekommen. Zu spät! Hätte sie ihn nur früher gesehen!
Alte, verborgene Wunden rissen damals wieder auf. Die Szene im Park in Kapstadt stand greifbar vor ihren Augen. Hätte er ihn nicht gesehen, den verhängnisvollen Wurf! Die Stunden des reinen Glücks, die sie mit ihm verlebt, waren in Sekundenschnelle an ihr vorübergegangen; ein reines Gefühl war in ihr aufgewallt, das sie zu ihm hinzog.
Da stellte der Mann die Frage, die sie zur Lüge zwang, zur Lüge, die mehr als alles andere sie für immer von ihm schied.
Ihre Hände sanken schlaff auf die Decke zurück. Unaufhaltsam liefen zwei Tränen über die blassen Wangen. Zu spät! Immer zu spät!
Erregt schleuderte sie die Decke zurück, sprang auf und eilte aus dem Raum.
Weg mit den Gedanken! Den Erinnerungen! Ablenkung! Was anderes!
Da! Der Fernseher! Mechanisch betätigte sie ihn. Eine Weile stand sie … hörte und sah mit halben Sinnen.
Immer wieder der Kanal?
Da! Ihre Augen weiteten sich. Was vernahmen sie? Der ganze Isthmus erschüttert … in fürchterlichen Erdbeben, die alles vernichteten … die Zahl der Todesopfer ungeheuer … der Golfstrom … Europa … Sie schaltete den Apparat ab.
Sein Werk! Mein Werk!
Wie eine Irre stürzte sie aus dem Haus in den Park. Wie eine Irre jagte sie durch seine verschlungenen Wege … weiter … immer weiter dem Ausgang zu. Das große eiserne Tor war verschlossen. Ihre Hände umkrampften es, rissen an ihm.
»Mörderin! Mörderin!« gellte es aus ihrem Munde.
Sie sah es nicht, wie ein Kraftwagen vor dem Tor halt machte, Guy Rouse ihm entstieg, auf das Tor zuschritt und es aufschloß.
»Juanita!«
Der Name, von seinem Munde gerufen, brachte sie zum Bewußtsein.
Mit wirren Augen sah sie um sich, fühlte, wie er sie umfaßt hielt, zum Wagen führte, bis in das Haus brachte, zu dem Ruhebett geleitete.
Und da saß er neben ihr und hielt ihre Hand und streichelte ihr Gesicht und sprach zu ihr. Den Kopf dicht an ihrem Gesicht. Und wie wenn ein Zauberer neben ihr säße, wandelte sich alles in ihrer Seele … bis die Schreckensbilder verflogen, bis sie wieder das Wachs wurde, das er in seinen Händen knetete. Bis ihr die Sprache wiederkam. Und dann sprach er immer wieder zu ihr. Ihre Sinne wurden schärfer von Satz zu Satz.
Er brauchte sie wieder … sein Werkzeug.
»Ich fahre fort von hier, Juanita. Nur ein paar Stunden noch kann ich bleiben. Fort aus den Staaten! Längst hätte ich sie hinter mir, wenn ich nicht dich noch hätte sprechen müssen.«
Eine kurze Freude war ihr der Gedanke, mit ihm wegzugehen, zu fliehen.
»Du mußt bleiben, Juanita! Für mich wirken … arbeiten …