: Oscar Muriel
: Die Schatten von Edinburgh Kriminalroman
: Goldmann
: 9783641186951
: Ein Fall für Frey und McGray
: 1
: CHF 8.10
:
: Historische Kriminalromane
: German
: 480
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Edinburgh, 1888. Der begnadete Ermittler Ian Frey wird von London nach Schottland zwangsversetzt. Für den kultivierten Engländer eine wahre Strafe. Als er seinen neuen Vorgesetzten, Inspector McGray, kennenlernt, findet er all seine Vorurteile bestätigt: Ungehobelt, abergläubisch und bärbeißig, hat der Schotte seinen ganz eigenen Ehrenkodex. Doch dann bringt ein schier unlösbarer Fall die beiden grundverschiedenen Männer zusammen: Ein Violinist wird grausam in seinem Heim ermordet. Sein aufgelöstes Dienstmädchen schwört, dass es in der Nacht drei Geiger im Musikzimmer gehört hat. Doch in dem von innen verschlossenen, fensterlosen Raum liegt nur die Leiche des Hausherren ...

Oscar de Muriel wurde in Mexico City geboren und zog nach England, um seinen Doktor zu machen. Er ist Chemiker, Übersetzer und Violinist und lebt heute in Cheshire. Mit seiner viktorianischen Krimireihe um das brillante Ermittlerduo Frey und McGray feiert er in seiner neuen Heimat und darüber hinaus große Erfolge.

Prolog

23. Juni 1883

Dr. Clouston konnte sich kaum auf dem Sitz halten. Die Räder der Kutsche holperten ständig krachend über Unebenheiten und durch Pfützen, und das Gepolter durchbrach die Stille der Nacht, während sie wie wild gen Dundee fuhren.

Während der Fahrt war er mehrfach mit dem Kopf gegen das Dach der Kutsche geprallt. Doch die körperlichen Umstände waren eine Lappalie im Vergleich zu seiner Gemütsverfassung. Die Nachricht, die er erhalten hatte, war zu furchtbar, zu ungeheuerlich, als dass er sie hätte begreifen können, und Clouston bemühte sich mit aller Macht, den winzigen Hoffnungsfunken am Glimmen zu halten.

Immerhin, so redete er sich ein, hatte er lediglich ein überstürzt verfasstes Telegramm gelesen, das der Diener ihm geschickt hatte, und der alte George hatte immer schon einen Hang zur Übertreibung gehabt. Er fingerte in seiner Brusttasche nach dem zerknüllten Stück Papier. Es waren nur einige wenige, inzwischen verschmierte Zeilen, doch sie enthielten die Wortedurchgedreht, plötzlich, tot und die Namen jedes einzelnen Mitglieds der Familie McGray. Wie konnte ein so kleines Stückchen Papier eine so grauenhafte Nachricht übermitteln?

Clouston schauderte erneut. Er versuchte, auf andere Gedanken zu kommen, indem er aus den Fenstern schaute. Doch vergebens – am Himmel hingen dichte Wolken und tauchten die Straße in abgrundtiefe Finsternis. In den letzten Stunden seiner Reise zog er es sogar vor, sich auf das Holpern der Kutsche und seine dadurch verursachte leichte Übelkeit zu konzentrieren.

Als er das Gefühl hatte, schon seit Ewigkeiten unterwegs zu sein, tauchte endlich das große Landhaus vor ihnen auf. Die sommerliche Morgenröte warf bereits einen ersten hellen Schimmer auf die Felder, doch war es immer noch so dunkel, dass Clouston durch eines der Fenster des Hauses das rötliche Glühen eines Feuers erkennen konnte.

Kaum war die Kutsche zum Stehen gekommen, machte Clouston selbst die Tür auf und sprang auf den schlammigen Boden. Die Pferde schnaubten und wieherten. Dies und das Geklapper der Hufe waren die einzigen Geräusche, die er vernahm.

»Welch fröhlicher Anblick«, murmelte er. Thomas Clouston war ein stämmiger Mann mittleren Alters. Seit zehn Jahren war er ärztlicher Leiter der Königlichen Irrenanstalt von Edinburgh, und diese Stellung war nichts für Zartbesaitete.

Entschlossen strebte er auf das Haus zu, und im gleichen Augenblick riss jemand die Eingangstür auf. Zwei Gestalten traten heraus, um ihn zu begrüßen. Er erkannte sofort die beiden einzigen Bediensteten, die die McGrays auf ihren Sommerreisen begleiteten – George und Betsy, beide schon bet