: Jeremy Massey
: Die letzten vier Tage des Paddy Buckley Roman
: carl’s books
: 9783641169480
: 1
: CHF 1.80
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: Erzählende Literatur
: German
: 272
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Tod ist sein Leben: Die aberwitzigen Abenteuer eines irischen Bestatters
Paddy Buckley ist mit Leib und Seele Bestatter. Als eine attraktive Witwe seine Zuwendung braucht, gibt er sie ihr - doch sie stirbt auf dem Höhepunkt seines körperlichen Trostes. Geschockt von diesem Erlebnis, überfährt er auf dem Heimweg einen Fußgänger. Der Tote ist der Bruder des gefährlichsten Gangsters von ganz Irland, Vincent Cullen. Jetzt hat er eine tote Witwe und einen toten Gangster am Hals, für die er obendrein auch noch die Beerdigung auszurichten hat! Er muss also höllisch aufpassen, sich nicht zu verraten. Denn Cullen hat geschworen, den Tod seines Bruders zu rächen. Eine rasante Verfolgungsjagd durch Dublin beginnt. Zum Glück ist Paddy einfallsreich und kann sich auf seine Freunde verlassen ... Ein höchst amüsantes Betrugsmanöver und ein ausgebufftes Verwechslungsspiel um einen Leichnam vollenden diesen köstlichen, makabren und warmherzigen Roman.

Jeremy Massey ist gebürtiger Ire und Drehbuchautor. Er stammt aus einer Familie, die seit drei Generationen ein Bestattungsunternehmen in Dublin betreibt, bei dem er auch viele Jahre gearbeitet hat. Er lebte in London und Los Angeles, bevor er mit Frau und drei Kindern nach Australien zog. Zur Zeit schreibt er an seinem zweiten Roman.

Eins Montag, 13. Oktober 2014, 7.45 Uhr

Die Schlaflosigkeit war chronisch geworden. Sie war so schlimm, dass sie mich aus Zuständen des Deliriums und der Halluzinationen plötzlich in lichte Phasen mit länger andauernder Klarheit katapultierte – und wieder retour. In diesen Monaten habe ich nicht viel Zeit im Bett verbracht und wenn ich – in der Hoffnung auf ein bisschen Schlaf – doch einmal hineinfand, dachte ich immerzu an Eva. Manchmal konnte ich sogar ihre Gestalt heraufbeschwören. Dann war es immer die eine Situation, in die ich mich hineinsteigerte: Sie sitzt auf der Bettkante neben mir und ich betrachte sie. Ich studiere das Kastanienbraun ihrer Iris. Das leise Zucken ihrer Nase, wenn sie lächelt. Die Lücke zwischen ihren Vorderzähnen, die so sexy war. Die Wölbung ihrer Schultern und die Rundung ihrer Brüste. Einen tiefen Seufzer will ich dann ausstoßen und das Atmen vergessen. Doch wenn ich die Hand nach ihr ausstreckte, um sie zu berühren, verschwand sie.

Gefühle waren das Einzige, was zurückblieb. Und Erinnerungen. Aber an diesem Morgen blieben mir auch die verwehrt. Nichts, an das ich mich klammern konnte, außer an mein verzweifeltes Verlangen.

Da ich seit sechs Monaten ununterbrochen arbeitete, taugte der Montag für mich nicht mehr als klar erkennbarer Wochenbeginn. Selbst nachts ging ich ans Telefon – der Tod hält sich nicht an geregelte Geschäftszeiten –, ich zog in das Dunkel Dublins hinaus, vorbei am stinkenden Liffey, an den Drogenhändlern und Prostituierten, den Säufern und Dichtern, hin zu den frischgebackenen Hinterbliebenen. Manchmal gab es einen Leichnam für mich zum Mitnehmen, manchmal nicht. Aber immer war der Tod da. Das Wechselspiel von Tag und Nacht, von Wochen und Monaten, verschwamm in ein trauriges, graues Durcheinander von einer Beerdigung und der nächsten Beerdigung und noch einer Beerdigung, und bei jeder zündete ich heimlich eine Kerze im Andenken an Eva an.

Im Flur zog ich meinen Mantel an und überprüfte mein Aussehen im Spiegel. Grauer Anzug, blaues Hemd, marineblaue Krawatte. Immer öfter, wenn ich in den Spiegel sah, stierte mich mein Vater, Shay Buckley, an. Er hatte das Zeitliche mit dreiundsechzig bei einem Autounfall gesegnet: Es war ein schneller Exitus. Von ihm habe ich die funkelnden grünen Augen und die Grübchen geerbt, aber heute Morgen waren es die vielen grauen Haare, die seinen Geist im Spiegel auftauchen ließen. Seit seinen Dreißigern verliefen auf jeder Seite seines ansonsten schwarzen Wuschelkopfs der Länge nach zwei hellgraue Strähnen, was ihm den Spitznamen »Dachs« eingebracht hatte. An meinem vierzigsten Geburtstag glaubte ich, das Schicksal hätte mich verschont, doch in den letzten beiden Jahren hatten sich die kleinen grauen Flecken über meinen Ohren in ausgeprägte Linien verwandelt, die bis in den Nacken reichten. Aber niemand nannte mich Dachs, vielleicht aus Rücksicht auf meinen Vater.

Langsam manövrierte ich meinen braunen Toyota Camry durch den Verkehr, vorbei an den roten Ziegelhäusern in der Crumlin Road, vorbei an den ziellos herumwandernden Grüppchen von zugedröhnten Junkies mit ihrem leeren Blick und ihrem Tattoo am Daumen, dem Erkennungsstempel aus der Erziehungsanstalt, vorbei an den arbeitslosen Bauarbeitern und Klempnern, die vor dem Arbeitsamt die letzten Züge ihrer Zigaretten in sich hineinsogen. Weiter südlich, über dem Gran