: Frank Schneider
: Eine Welt auf sechzehn Saiten Gespräche mit dem Vogler Quartett
: Berenberg Verlag GmbH
: 9783937834962
: 1
: CHF 17.40
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: Monografien
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Es ist die Königsdisziplin der Kammermusik, und seit dreißig Jahren zählt das 1985 in Ost-Berlin gegründete Vogler Quartett zu den international renommiertesten Streichquartetten - in unveränderter Besetzung. Diese Gespräche mit Frank Schneider, dem langjährigen Intendanten des Berliner Konzerthauses, zeigen, wie ein gemeinsames Musikerleben über eine so lange Zeit die Spannung halten kann. Eine sehr persönliche Künstlerbiografie, mit Reflexionen zum musikalischen Selbstverständnis, kunstpolitischen Engagement und, natürlich, dem Alltag zu viert.

Frank Schneider, geboren 1942 in Großerkmannsdorf. Studium Dirigieren (1961-1964, Musikhochschule Dresden) und Musikwissenschaft (1964-1968, Humboldt-Universität Berlin). 1975 Promotion Dr. phil., 1975-1980 Dramaturg Komische Oper ­Berlin. 1980-1989 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Wis­senschaften der DDR, dort 1989 Professor für Musikwissenschaft und 1990 Direktor des Instituts für Ästhetik und Kunstwissenschaften. 1992-2009 Künstlerischer Intendant des Konzerthauses Berlin. Umfangreiche wissenschaftliche und publizistische Tätigkeit, vor allem über Musik des 20. Jahrhunderts und Methodik der Musikgeschichtsschreibung. Lebt in Berlin, verheiratet, 3 Kinder.

San Francisco Mai 1989

Im vereinten Deutschland (1990 – 2000)


Konzerte werden in der Regel lange vor ihren Terminen geplant und können daher auch auf die Wechselfälle des Lebens keine Rücksicht nehmen. Sie haben den Mauerfall vor Ort versäumt und die anderen wilden Monate sicher überwiegend aus der Ferne registriert. Die schockierenden Umwälzungen dieser Zeit mögen für Sie auch weniger aufregend gewesen sein als für die große Mehrheit Ihrer Mitbürger: Reisefreiheit hatten Sie, ebenso die begehrte D-Mark. Die neue Demokratie an den Runden Tischen wie die ersten freien Wahlen dürften Sie begrüßt haben, weil auch Ihnen radikale Reformen des polit-bürokratischen Systems am Herzen lagen. Es würde mich eigentlich wundern, wenn Sie den historischen Tag der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, den 3. Oktober 1990, zu Hause verbracht hätten.

SFO: An diesem Tag haben wir ein Konzert in Tel Aviv gespielt. Wir waren einer Einladung zu zwei Konzerten in der israelischen Hauptstadt gefolgt, wohnten aber in einem Kibbuz. Dort hörten wir ein Konzert des israelischen Armeeorchesters mit Guy Braunstein als Solisten, dem späteren Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, der in Stiefeln und Armeeuniform ein Mozart’sches Violinkonzert spielte – mit eigenen Kadenzen, unglaublich delikat und filigran, im Gegensatz zu dem martialischen Outfit des Orchesters. In dem kulturbewussten Kibbuz fand zu dieser Zeit ein kleines Festival statt, bei dem wir dann ein weiteres Konzert gaben. Die Kritik in Tel Aviv nahm kurioserweise Bezug auf den deutschen Feiertag, indem sie bemerkte, wir hätten sehr ernst gewirkt und unsere Freude nicht gezeigt, denn die sei für Deutsche wohl angemessen bei dem besonderen Ereignis der Wiedervereinigung.

SFE: Vielleicht entsprach der Ernst unserer damaligen Stimmung, denn er brachte für das Quartett