2. Kapitel
Fünf Minuten vor sieben traf Carly vor dem Gebäude der „Times“ ein. Sie trug einen hübschen blauen Overall aus Crêpe de Chine, den Janet ihr geliehen hatte, und hatte ein schlechtes Gewissen wegen der zahlreichen ungelesenen Briefe, die bei ihr zu Hause lagen.
Zögernd betrat sie die große Eingangshalle und blickte sich um. Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein, dachte sie. Sie hatte das Elternhaus verlassen, um ein neues Leben zu beginnen, und so anziehend Mark Holbrook auch sein mochte, er passte nicht zu ihrem Plan.
In diesem Augenblick schlug die Fahrstuhlglocke an. Die Türen öffneten sich, und Mark tauchte auf. Er trug noch dieselbe Kleidung wie zuvor: Jeans, Flanellhemd und das Cordjackett.
„Ich wünschte beinahe, ich hätte eine Krawatte umgebun-den“, sagte er und betrachtete Carly anerkennend. Erneut lächelte er, dass es ihr durch Mark und Bein ging. „Sie sehen entzückend aus, Miss Sympathie.“
Carly überhörte die Anspielung auf ihr Jahr als Schönheitskönigin absichtlich. Mark schüchterte sie seltsam ein. „Danke“, antwortete sie nur.
Sie gingen drei Blocks weiter zu einem rustikal-eleganten Restaurant. Der Barkeeper begrüßte Mark wie einen guten alten Bekannten. Kurz darauf saßen sie in einer Nische auf Holzbänken mit Rückenlehnen, die höher als ihre Köpfe waren. Ein Ober brachte die Speisekarten und redete Mark mit dem Namen an.
Wahrscheinlich hat er schon die unterschiedlichsten Frauen hierher geführt, dachte Carly und ärgerte sich unerklärlicher-weise über diesen Gedanken. Sie wählte ein mexikanisches Gericht und Mark ein Steak.
„Kommen Sie mit den Briefen weiter?“, wollte er von Carly wissen, als sie wieder allein waren.
Carly seufzte. Wahrscheinlich würde sie heute Nacht bis zwei oder drei Uhr aufbleiben müssen, um alle zu lesen. „Sagen wir es einmal so“, antwortete sie auf seine Frage. „Eigentlich sollte ich jetzt zu Hause sein und arbeiten.“
Der Wein wurde gebracht. Mark nahm einen Probeschluck und nickte. Der Getränkekellner füllte die Gläser, stellte die Flasche auf den Tisch und ging wieder.
Mark hob das Glas und stieß mit Carly an. „Auf alle Arbeits-besessenen dieser Welt“, sagte er.
Carly trank einen Schluck und setzte ihr Glas ab. Mark hatte sie mit seiner Bemerkung an Reggie erinnert. „Was ist Ihnen im Leben am wichtigsten?“, fragte sie, um sich abzulenken. Die Bedienung brachte den Salat.
„Materielle Dinge bedeuten mir nicht viel“, antwortete Mark. „Mir geht es um die Menschen. Und der wichtigste Mensch für mich ist mein Sohn Nathan.“
Obwohl es sicher nicht zu einer engeren Beziehung zwischen ihr und Mark kommen würde, erschrak Carly bei der Erwähnung eines Kindes. „Ich hoffe, Sie sind nicht verheiratet“, sagte sie und hielt den Atem an.
„Nein, ich bin geschieden, und Nathan lebt bei seiner Mutter in Kalifornien.“ Für den Bruchteil einer Sekunde erkannte Carly den Schmerz in seinem Blick. Dann funkelten seine Augen wieder schelmisch. „Würde es Ihnen etwas ausmachen – wenn ich verheiratet wäre?“
Verärgert spi