: Christina Stein
: Wonderland
: Fischer Sauerländer Verlag
: 9783733649319
: 1
: CHF 10.00
:
: Jugendbücher ab 12 Jahre
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sie machen eine Reise ins Paradies. Und landen in der Hölle auf Erden. Thailand. Sonne, Palmen, eine Villa direkt am Strand. Der perfekte Urlaub! Doch als Lizzy am Morgen nach einer Strandparty aufwacht, ist sie gefangen. Mitten im Dschungel, mit ihren besten Freunden - und mit Jacob. Jacob, den keiner von ihnen richtig kennt, und der sie auf diese verdammte Strandparty eingeladen hat. Nur wegen ihm sind sie in einem Reality Game gelandet, in dem es nur schwarz oder weiß gibt, verlieren oder gewinnen, opfern oder geopfert werden. Wer sind die Player in diesem Spiel? Was haben sie vor? Und welche Rolle spielt eigentlich Jacob? Lizzy hat keine Ahnung. Sie weiß auch nicht, wie lange sie ohne ihre Herzmedikamente überleben kann. Sie weiß nur eines: Die Gruppe muss bis morgen entscheiden, wer von ihnen das nächste Opfer sein wird ... ?Wonderland? ist ein atemlos span­nender und beängstigend realistischer Thriller über menschliche Abgründe und das Einzige, was uns davor retten kann: Liebe und Freundschaft.

Christina Stein, geboren 1978 in Bonn,  liebt es spannende, gleichzeitig aber auch romantische Jugendthriller zu schreiben. Für ihre Kurzgeschichten und ihr Romandebüt wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrer Familie in Eltville am Rhein.

Liz

1


Es ist ein Ort, den man nur einmal im Leben betritt. In den man hineinfällt wie Alice ins Wunderland, aus Versehen und unvermittelt, auf diese seltsame und wundersame Art und Weise.

Ich selbst bin klein, der Ort sehr groß. Alles in diesem Haus ist warm und hell. Der Boden unter den nackten Füßen glattes Teakholz, gebohnert, nicht einmal Staubkörner, selbst in der Luft nicht, wo man sie eigentlich sehen müsste, jetzt, wo die Sonne den Raum in Streifen schneidet und auf diese besondere Art so golden scheint, dass Amelies Haare aussehen wie ein rotes Flammenmeer.

Also merken: keine Staubkörner im Wunderland.

Im Hintergrund Amelies Lachen, aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sie sich rücklings auf das riesige Sofa fallen lässt und mit den Füßen in die weißen Kissen trommelt. »Hammer! Hammer! Hammer!«

»Und das Haus gehört deinem Onkel?«

Meine eigene Stimme klingt seltsam, ein fremder, belegter Laut hier drinnen im Wunderland.

»Ja, hab ich doch gesagt.«

Seine Antwort: einsilbig, wie immer. Sein Blick: ausweichend, auch wie immer, so als hätte er aus Versehen was fallen gelassen und würde auf dem Boden danach suchen. Nur dass Jacob gar nichts fallen gelassen hat. Dass er einfach stehenbleibt und in eine andere Richtung schaut. Aber dann geht er weg, irgendwohin, während ich noch dastehe und glotze: Hinter dem Wohnzimmer öffnen sich Flügeltüren in Richtung Meer, der Raum ist geschlossen und doch offen, weiße Vorhänge bauschen sich in der Brise, wie in einem Kitschfilm von Rosamunde Pilcher.

Jetzt müsste er eigentlich Arzt sein und blond und ganz weiße Zähne haben. Und ich müsste eine junge Frau im Blümchenkleid sein, die gerade mit dem Fahrrad angefahren kam und es draußen an die Mauer eines alten Cottage gelehnt hat. Nicht dass ich jemals einen Rosamunde-Pilcher-Film gesehen hätte. Nicht vollständig jedenfalls.

Das hier ist nicht Rosamunde Pilcher. Es ist alles andere, aber kein Cottage. Keine Südküste Englands, keine Steilfelsen, sondern Strand, Palmen, und eine Hitze, die sich auf die Haut legt wie ein nasser Waschlappen.

Im Hintergrund seine Stimme: »Will jemand Bier? Oder doch lieber einen Cocktail?«

Ich bezweifele, dass ihn jemand gehört hat. Alles, was ich höre, ist wildes Kreischen und Lachen und Wortbrocken wie »Waaaaahhhhnsin!« und »Megageil!«

Von irgendwoher helles Johlen und das Klatschen eines Körpers auf Wasser: Ich wette alles darauf, dass es Nelli ist, die als Erste in den Pool gesprungen ist, egal, was sie gerade anhat, vielleicht hat sie sich auch einfach ausgezogen und einen oder zwei der Jungs mit sich gezogen.

»Lizzy!«, kreischt sie, nachdem sie wieder aufgetaucht ist. »Liz, schau dir das an!«

Ich trete durch die Vorhänge auf die weitläufige Terrasse und stelle wieder fest: Der Übergang von drinnen nach draußen ist fließend, auch die Terrasse ist eigentlich ein Wohnzimmer: Liegen so breit wie Kingsizebetten, mit Kissen und Handtüchern zu Tieren geformt, kleinen Kunstwerken, Vögeln, Schmetterlingen. Orchideenzweige in Vasen, die Statuette einer abstrakten Frauenfigur. Alles minimalistisch, aber doch gemütlich, das riesige Bett von einem Baldachin umgeben, wieder diese bauschigen Vorhänge. Einige Bäume und Pflanzen wachsen direkt durch die Terrasse hindurch, durch sauber ausgeschnittene kreisrunde Aussparungen, meine Hand gleitet über den gebogenen Stamm