: Thomas Kausch
: Wie ich meine Tochter durchs Abitur brachte Ein Helikoptervater dreht auf
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426441411
: 1
: CHF 10.00
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die sagenhaften Unwägbarkeiten des Erziehungsalltags: Thomas Kausch erzählt witzig und selbstironisch, mit welchen Tricks, Finten und (manchmal sogar) Notlügen er den eigenen Nachwuchs durchs Abitur gebracht hat. Wie er sich im Kindergarten hauptsächlich mit den Läusen auf dem Kopf seiner Tochter herumschlagen musste, die sie sich aber immerhin vom Sohn eines Regierungssprechers geholt hatte. Wie er schon in der Grundschule als Elternsprecher mit mehr oder weniger großem Erfolg um die Noten seiner Tochter pokerte und am Ende der Schullaufbahn mit dem Abitur auch er eine große Prüfung zu bestehen hatte. Für alle Eltern, die nur noch mit Humor durch den Erziehungsalltag kommen.

Thomas Kausch, Jahrgang 1963, ist Journalist bei NDR und Arte. Zuvor war er Moderator und Nachrichtenchef bei Sat.1. Im ZDF war er Anchor der Late News 'heute nacht' und arbeitete viele Jahre als Kriegs- und Krisenreporter und Auslandskorrespondent. Drei Jahre lang war er unter anderem für ARD und ZDF in New York. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

Pauline ist ein Wunderkind. Und das kam so:

Harrison Ford


Ich hatte mir immer ein Mädchen gewünscht, weil es von Anfang an mein Ziel war, das Kind zu verwöhnen. Das hätte bei einem Jungen merkwürdiger gewirkt. Außerdem wollen Jungs irgendwann nur noch raufen, hängen den Vätern im Schwimmbad auf dem Rücken und würgen sie dabei am Hals. Das ist nichts für mich. Zusammen das erste lange Kleid für den Abschlussball der Schule aussuchen, das stellte ich mir sehr schön vor. Und vielleicht auch den Tanzpartner.

 

Ich selbst wurde nicht verwöhnt. Alle trugen damals blaue Adidas-Schuhe, Modell Rekord. Die gab es ähnlich auch bei Deichmann, sahen fast genauso aus. Nur dass ein Streifen fehlte. Das war sehr auffällig. Kann man sich eine größere Demütigung vorstellen? Ja: Die Palomino-Jeans von C&A. Die hatte unten rechts am Schlag noch ein kleines Glöckchen. Damit jeder auch noch hören konnte, dass es keine Wrangler war.

Mein Mofa musste ich mir selbst verdienen, mit 15 Jahren auf dem Bau, 1,50 Mark Stundenlohn. Klarer Fall von Kinderarbeit. Es reichte nur für eine – Puch. Alle anderen fuhren Kreidler. Oder Herkules. Puch. Ohne Stoßdämpfer. Ohne Gangschaltung. Mit Fahrradgepäckträger!

Hat es mir geschadet? Natürlich. Und irgendwann in dieser Zeit muss ich mir vorgenommen haben: Wenn ich einmal ein Kind bekomme – das soll es besser haben.

 

Mit 33 war es so weit. Auch wenn wir zunächst an eine Nierenbeckenentzündung glaubten. Das wäre dann schon Kikis zweite innerhalb weniger Wochen gewesen. Viel länger kannte ich sie auch noch gar nicht, und ich dachte schon: Oh, oh, was hab ich mir da denn eingefangen? Wir hatten uns auf einem Betriebsfest beim ZDF kennengelernt – sie die schüchterne Jungredakteurin, ich der attraktive Reporterhaudegen, gerade zurück aus irgendeinem Kriegsgebiet in Afrika, den Staub noch an den Schuhen, Typ Harrison Ford. Ich fiel ihr sofort auf.

Kiki erinnert sich anders daran. Demnach sei es so gewesen:

Sie war die hübscheste Frau auf dem Betriebsfest. Und fiel mir sofort auf mit ihrer tollen Figur, den langen braunen, lockigen Haaren. Alles an ihr war wunderschön. Ich wollte keine Kinder, bis ich Kiki traf, meine Traumfrau. Leider gelang es mir nicht, sie beim ersten Date rumzukriegen. Sie hatte nicht auf mich gewartet, die Liste ihrer Verehrer war lang. Handballprofis. Sportmoderatoren. Musikfernsehregisseure.

Mag ja sein. Tatsache ist: Nur sechs Wochen später hat sie MICH geheiratet. In Mexiko. Aus Lust und Liebe und ganz spontan. Montags gingen wir zum Dorfrichter in Playa del Carmen, damals noch ein echtes Hippiedorf, um das Aufgebot zu bestellen.

»Haben Sie Ihren Reisepass?«, fragte der Richter sehr feierlich und ernst.

Sein Büro sah aus wie eine leere Garage. Ein Stahlregal mit Aktenordnern. Eine Sekretärin mit elektrischer Schreibmaschine. Ein leerer Schreibtisch mit einem Richter dahinter. Unter der Decke drehte sich träge und nutzlos der Ventilator und verteilte die heiße Luft. Natürlich hatten wir Reisepässe.

»Geburtsurkunde?«

»Die haben wir leider nicht dabei. Es ist eine spontane Entscheidung. Ich habe ihr erst gestern Abend den Antrag gemacht.«

»Keine Urkunde, kein Problem. Aber Sie brauchen vier Trauzeugen.«

»Haben wir!«

Wir hatten sogar fünf. Arturo, den blondgelockten Frauenheld vom Strand, der sich als Architekt ausgab und immer ein Geodreieck dabeihatte. Die Frau aus