1. KAPITEL
Liebes, du brauchst einen Mann“, sagte Mrs. Duckworth.
„Ich brauche was?“
„Einen Mann, du weißt schon. Ein großes männliches Wesen mit breiten Schultern und vielen Muskeln.“
Twyla McCabe nahm den Stielkamm und trennte geschickt eine von Theda Duckworths silbernen Strähnen ab. „So einen hatte ich mal, er hat mir überhaupt nicht gutgetan. Jetzt habe ich einen Hund.“
Mrs. Duckworth gestikulierte in Richtung der anderen Kundinnen im Salon. „Wir Frauen hier haben das besprochen, Herzchen. Es ist Zeit, dass du dir einen Mann suchst“, sagte sie betont geduldig.
Twyla beugte sich über den Frisierstuhl und begutachtete Mrs. Duckworths Haaransatz. „Süße, ich glaube, wir haben die Lavendeltönung zu lange einwirken lassen. Warum sollte ich mir den Ärger antun?“
Mrs. Duckworth fing Twylas Blick in dem großen runden Frisierspiegel auf. Ihr erstauntes Blinzeln beirrte die pensionierte Lehrerin nicht im Geringsten.
„Damit er dich auf das zehnjährige Klassentreffen begleitet“, sagte Mrs. Duckworth mit ernster Stimme.
Twyla tauchte den Kamm in die Edelstahlschüssel mit dem Lösungsmittel. „Diep“, wandte sie sich an die Nagelpflegerin, „du solltest das Klassentreffen doch nicht erwähnen! Mein Entschluss steht fest.“
Diep Tran lackierte Mrs. Spinellis Fingernägel. „Ich habe kein Wort darüber verloren“, sagte sie, ohne aufzublicken.
„Aber du hast allen die Einladung gezeigt, nicht wahr?“, fragte Twyla und spürte, wie ihr die Schamesröte ins Gesicht stieg.
„Ein Bild von dir mit Krone, das musste ich allen zeigen“, sagte Diep ungerührt und beugte den Kopf tiefer über die Hand ihrer Kundin. Mit einem extrafeinen Pinsel lackierte sie eine winzige Melonenscheibe auf jeden Nagel. Was Nail Art betraf, machte ihr keiner etwas vor. Diep Tran war die Georgia O’Keeffe der Nagellackkünste. Sie erfüllte ihren Kundinnen sämtliche Wünsche von anatomisch korrekten griechischen Göttern bis zu dem Schriftzug „Es ist aus!“ in Druckbuchstaben. Seit sie im Salon arbeitete, lief das Ges