2.
Entfernte Bekannte
Einige Stunden zuvor
Perry Rhodan widerstrebte es, zum Tagesgeschäft zurückzukehren, als sei nichts geschehen, als hätten sie nicht gerade eine Trauerfeier für die verlorenen Freunde abgehalten, als seien sie nicht alle noch erschöpft und zutiefst getroffen von den zurückliegenden Ereignissen. Und dennoch flogen sie nun ins Trapezasystem im Sternhaufen Hamtar Rhag Nar Rhug ein, um nach Achantur zu suchen und Crests Traum von Heilung und Unsterblichkeit Wahrheit werden zu lassen.
Das Leben geht weiter. Einer der dämlichsten und überstrapaziertesten Sprüche der Menschheitsgeschichte. War derjenige, der diese schalen Worte zum ersten Mal ausgesprochen hatte, wirklich der Meinung gewesen, er könne den Hinterbliebenen damit Trost spenden? Und trotzdem steckte ein Funke Wahrheit darin. Nein, mehr als nur ein Funke. Denn das Leben ging tatsächlich weiter – zumindest für die, die nicht gestorben waren. Und wenn die Überlebenden dem Tod ihrer Freunde wenigstens einen Hauch von Bedeutung verleihen wollten, dann durften sie nicht in Trauer und Betroffenheit versinken, sondern mussten unbeirrt weitermachen, so wie Homer G. Adams, Sid Gonzáles und alle anderen es von ihnen erwartet hätten.
Nur: weitermachenwomit? Es gab so viele Punkte auf ihrer Agenda, von denen jeder einzelne danach verlangte, als Erster abgearbeitet zu werden. Egal welchem sie sich vorrangig widmeten, es würde immer das Gefühl bleiben, etwas anderes vernachlässigt zu haben.
»Tun wir wirklich das Richtige?«, erklang eine Stimme neben Rhodan.
Er schaute zur Seite und lächelte. Thora ließ sich auf dem Sitz nieder, der vor einiger Zeit für den Auloren Tuire Sitareh in der Zentrale installiert worden war. Sie erwiderte das Lächeln nicht.
»Wo ist Tom?«, fragte er.
Thora deutete zur Mutantenlounge, wo Rhodan seinen Sohn zusammengekauert und mit dem Plüschhaluter im Arm entdeckte. »Er schläft. Ich wollte ihn nicht in der Kabine allein lassen. Nach allem, was er durchgemacht hat, möchte ich in seiner Nähe sein, wenn er aufwacht.«
»Ich verstehe.« Er zögerte. »Ein Schlachtschiff ist der denkbar ungeeignetste Ort für einen Jungen in seinem Alter.«
»Er ist endlich wieder bei seinen Eltern. Nur das zählt.«
»Aber zu Hause wäre ...«
»Was wäre zu Hause?«, fiel sie ihm ins Wort. »Glaubst du, ein Kindermädchen kann uns ersetzen und ihm dabei helfen, seine Erlebnisse zu verarbeiten? Denn du würdest ja sofort wieder aufbrechen.«
»Du könntest bei ihm bleiben.«
Thora richtete den Oberkörper auf. Angriffsstellung, wie Rhodan erkannte. »Agaior Thoton ist uns entkommen! Er hat Tom entführt, ist für den Tod unserer Freunde verantwortlich, hat die Arkoniden an die Allianz verraten und droht nun, zum Mörder eines ganzen Volks zu werden.Meines Volks, Perry. Dem von Crest und Atlan. Erwartest du ernsthaft, dass ich mich in so einer Situation daheim hinsetze und darauf warte, dass alles von selbst wieder gut wird? Kennst du mich wirklich so schlecht?« Sie legte eine kurze Pause ein.