Siebzehn Meilen vor dem eigentlichen Ziel des Wagentrecks hatte Cathy McKean kein Ohr mehr für Jammereien. Die aschblonde Mittdreißigerin mit den funkelnd grünen Augen, dem schmal geschnittenen Gesicht und der entschlossenen Gestik griff nach der Peitsche und trieb die beiden Wallache vor ihrem Wagen an. Sie verzog das Gesicht und versetzte ihrem Nebenmann einen herzhaften Stoß in die Rippen.
»Sie machen einen Fehler, Ma’am!«, quittierte der Bewaffnete den Hieb mürrisch. Er hieß Joseph Burden und war nicht für seinen Frohsinn bekannt. »In dieser Dürre wird uns die Hälfte der Menschen verdursten und verhungern. Sie hätten uns nie in Richtung Ruby County schicken dürfen.«
Ein Ruf von den anderen Wagen schallte durch die Felsenschlucht, die man seit einer Viertelstunde durchquerte und deren kühler Schatten sich als wahrer Segen erwies. Cathy seufzte und ließ die Peitsche erneut knallen. »Keiner von uns wird sterben, Joseph. Unsere Familien sind eine Menge gewöhnt. Von ehemals achtzig Leuten sind noch knapp fünfundfünfzig übrig.«
»Eben, Cathy, eben!«, versetzte Joseph aufgebracht. Er klammerte sich an seiner.44er-Winchester fest. »Selbst Ihr Vater ist unter den Toten! Sie hätten etwas mehr Vernunft walten lassen müssen!«
Wie aus dem Nichts überfielen Cathy die Erinnerungen an ihren Vater, die diesmal zur Abwechslung nicht den klapperdürren Leib von Rudolph McKean zeigten, sondern das fröhliche Lachen eines jüngeren McKean, der bei einer Gartenfeier über die Wiese sprang und ein Kind in die Luft warf. Es war der vierte Jahrestag der Gemeinde gewesen und sie hatten auf der Böschung hinter der Kirche gefeiert, wo sie Decken ausbreiten und ein Feuer für das Fleisch machen konnten.
»Mein Vater hat damit nichts zu tun«, sagte Cathy mit zusammengepressten Lippen, doch ihr war bewusst, dass sie log. Seit ihr Vater tot war, hatte es keinen Tag gegeben, an dem sie nicht an den alten Dorfschullehrer und Bürgermeister von Clarksville gedacht hatte. Er war eine Seele von Mensch gewesen und die Gemeinde hatte eine Woche lang getrauert, als er dem Typhus erlegen war.
»Papperlapapp!«, erwiderte Joseph und zog eine griesgrämige Miene. »Kein Mensch erträgt die Faust Gottes. Sie hätten nicht das Amt Ihres Vaters übernehmen dürfen.« Er schnäuzte sich und spie aus. »Aber wer hört schon auf Greise wie mich!«
Die Karawane der mit Proviant und Wasser beladenen Planwagen scherte in eine Biegung ein und kam langsamer voran als zuvor. Cathy vertrieb die Gedanken an das gute Dutzend Siedlerfamilien, die ehrfürchtig zu ihr aufschauten, weil ihr Vater sich über die Jahre ihr Zutrauen und ihren Respekt erworben hatte. Sie hatten in Iowa keine Not gelitten, aber die Verheißung auf freies Land und einen eigenen Acker hatte sie über die Staatsgrenze getrieben.
»Die