Ernest Hemingway wurde am 21. Juli 1899 gegen acht Uhr morgens in einem Vorort von Chicago geboren. Das scheint auf den ersten Blick ein angemessener Geburtsort für einen Schriftsteller zu sein, der eine Schwäche für die Brutalitäten dieser Welt hatte. Chicago, das klingt nach Al Capone und Gangsterkriegen, brutalem Kapitalismus. Außerdem wurden in den riesigen Schlachthäusern der Stadt die ersten Lebensmittelskandale des Industriezeitalters aufgedeckt. Blut, Gewalt und Gier – könnte es für einen angehenden Abenteurer und Literaten ein besseres Ambiente geben? Allerdings hat Hemingways Heimatort Oak Park mit dem Kern von Chicago ungefähr so viel gemeinsam wie Berlin-Wannsee mit Neukölln.
Oak Park war nicht nur ein schmuckes Örtchen für die Oberschicht, es war darüber hinaus so weiß, angelsächsisch und protestantisch wie irgend möglich. Und man ist auch heute noch stolz darauf, dass alle Versuche Chicagos, das Örtchen einzugemeinden, abgewehrt werden konnten. Seit 1870 wurde hier kein Alkohol verkauft (was vielleicht erklärt, weshalb der Schriftsteller in seinem späteren Leben solch einen Nachholbedarf hatte). Neben dem Konsum von alkoholischen Getränken wurde auch öffentliches Fluchen geahndet, Tanzmusik war verpönt wie Schundliteratur. Und damals, um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert, galten eine Menge Bücher als Schundliteratur, die heutzutage zum Kanon des Bild