2. Wahrnehmung – »Ich sehe das, was du nicht siehst«
Ob wir Körpersprache tatsächlich wahrnehmen, hängt von der persönlichen Fokussierung ab, demnach von unserer persönlichen Wahrnehmungsbrille und unseren Filterprogrammen, die durch unsere positiven beziehungsweise negativen Lebenserfahrungen und unsere Werte entstanden sind. Wir nehmen die Umwelt und in unserem Fall unsere Gegenüber daher auf unsere ganz subjektive Weise wahr. Wir vergrößern hier ein wenig, verkleinern dort ein bisschen, um am Ende die Signale so zusammenzusetzen, dass sie in unser Weltbild passen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Partnerauswahl oder auch die Schilderung eines Unfallhergangs.
Laut Sabine Montesquieu von der Wirtschaftsuniversität Wien ist die Basis für unsere selektive Wahrnehmung unsere Fähigkeit, Muster zu erkennen. Mithilfe dieser Muster scheint unser Gehirn besser in der Lage zu sein, neue Informationen in die bereits vorhandenen einzugliedern, um so überhaupt erst in der Lage zu sein, die auf uns einstürmende Informationsflut zu bewältigen.
»Erst durch unsere persönliche Interpretation werden die Daten, sprich die körpersprachlichen Signale unseres Gegenübers, zu Informationen.«
Sabine Montesquieu9
Wenn wir uns beispielsweise eher auf den Inhalt und den Klang einer Stimme konzentrieren, weil wir eine Vorliebe für den auditiven Sinneskanal haben, sehen wir zwar körpersprachliche Bewegungen, nehmen diese aber nicht wahr. Wir sind sehend und doch blind für bestimmte Informationen.
Das heißt aber noch lange nicht, dass Signale keine Auswirkung auf uns haben, nur weil wir sie nicht sehen. Wir verarbeiten sie nur schneller, ungefilterter und intuitiver als die Informationen, die wir bewusst wahrnehmen. Wenn unser Partner uns bereits am frühen Morgen ein Lächeln schenkte, uns streichelte oder einen Espresso kochte, kann es sein, dass wir den Weg zur Arbeit in einer außergewöhnlich guten Stimmung antreten. Wir haben diese Handlungen vielleicht nicht bewusst wahrgenommen, aber trotzdem hat es uns in gute Laune versetzt. Dasselbe gilt umgekehrt auch für schlechte Laune. In diesem Fall fehlen allerdings die genannten Zuwendungen.
Der Psychologe Daniel Kahneman umbeschreibt diese zwei Prozesse mit den Begriffen »schnelles« und »langsames Denken«.10
Um Körpersprache zu entschlüsseln, können wir uns zu einem großen Teil auf dieses schnelle Denken verlassen, um aber einen umfassenden Überblick über unser Gegenüber zu erhalten, ist das langsame Denken enorm wichtig, denn es kann komplexere Zusammenhänge erfassen, überprüfen und erstellen.
Die Wahrnehmungspsychologie erforscht Bereiche, die uns immer wieder in Erstaunen versetzen. So existieren auch in der Verbindung zu unserem Thema ein pa