: Ruth Liepman
: Vielleicht ist Glück nicht nur Zufall Erzählte Erinnerungen
: edition fünf
: 9783942374811
: 1
: CHF 10.70
:
: Erzählende Literatur
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sie war Jüdin, Kommunistin und Widerstandskämpferin. Unerschrocken kämpfte sie für politisch Verfolgte, überstand zwei Weltkriege, gefährliche Jahre im Untergrund. Und sie liebte die Literatur: Nach Kriegsende setzte sich Ruth Liepman als literarische Agentin für »ihre' Autoren aus aller Welt ein. Erst mit 83 Jahren ließ sich die Grande Dame des Literaturbetriebs dazu bewegen, ihre Lebensgeschichte aufzuzeichnen. Ihre Erinnerungen, ohne Eitelkeit und mit viel Aufrichtigkeit geschildert, umspannen fast ein ganzes Jahrhundert.

Ruth Liepman (1909-2001) wuchs als Tochter einer jüdischen Arztfamilie in Hamburg auf und studierte Jura. Als Kommunistin erhielt sie 1933 Berufsverbot und flüchtete bald darauf ins Exil nach Holland, wo sie schließlich in den Untergrund ging. Nach dem Krieg gründete sie mit ihrem Mann die erste Literaturagentur der Nach­kriegs­zeit in Deutschland. 1961 zog das Ehepaar nach Zürich, wo die angesehene Agentur Liepman bis heute ihren Sitz hat.

I. DIE KINDHEIT


Meine erste Erinnerung ist heiter. Ich muss gerade laufen gelernt haben, ich ging noch breitbeinig wie ganz kleine Kinder. Plötzlich kommt ein schwarzes Tier auf mich zu. Angst habe ich keine. Es muss ein Hund oder ein Lamm oder eine Ziege gewesen sein, schwarz und riesengroß. Ich ließ mich auf den Hintern fallen, die Beine vor mir ausgestreckt, und dachte: So kann es mich nicht umwerfen. Vielleicht war es auch mit einem bisschen Angst verbunden, auf jeden Fall aber mit Neugier und mit dem Gefühl, eine Schwierigkeit überwunden zu haben.

Diese Szene spielte sich in Polch bei Koblenz in der Eifel ab, wo ich 1909 geboren wurde. Mein Vater Theo Lilienstein hatte hier als junger Arzt seine er