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Marius Blumenthal hatte von seinem Vater die Blumenthal-Werke übernommen, die traditionsreiche Maschinenfabrik, die der größte Arbeitgeber in der Region war. Er war ein großer, stattlicher Mann und hatte im Laufe der Jahre etwas von seiner Schlankheit eingebüßt.
Seine Frau Leonore führte die Villa und sorgte dafür, dass die Blumenthals ihren gesellschaftlichen Pflichten reibungslos nachkamen. Sie engagierte sich in verschiedenen sozialen Projekten und war weit über die Stadtgrenzen hinaus ein ausgesprochenes Vorbild für die Damen, zumindest für die mit Einfluss und Bekanntheit. Im Gegensatz zu ihrem Mann achtete sie sehr auf ihre Figur und verbrachte jeden Morgen mindestens eineinhalb Stunden im Wellnessbereich der Villa Blumenthal. Die blondgefärbten Haare umrahmten in zarten Locken ihr Gesicht. Ihre Kleidung war elegant und mit sicherem Geschmack ausgewählt.
Hendrik und Rebecca fuhren vor die Villa und parkten das Auto am Straßenrand. Das Ehepaar Blumenthal stand schon zur Begrüßung der Gäste bereit.
»Da seid ihr ja endlich!«, rief Leonore und betrachtete Rebecca mit Stolz. War ihre Tochter nicht eine gescheite, strahlende Persönlichkeit? Sie würde auch an diesem Abend wieder alle Blicke der anwesenden Junggesellen auf sich ziehen. Nichts wünschte sie sich mehr als einen Ehemann aus gutem, reichem Hause für ihre Rebecca. Um dieses Ziel zu erreichen, wäre ihr lieber gewesen, wenn sich Rebecca ihren gesellschaftlichen Aufgaben gewidmet hätte, anstatt sich fortzubilden. Hendrik hingegen nahm Leonore nur beiläufig zur Kenntnis, er interessierte sie nicht sonderlich, war er doch ein junger Mann ohne Glanz. Er stammte aus einer kleinbürgerlichen Familie, sein Vater war Lehrer, und das reichte einfach nicht, um in eine Familie wie die Blumenthals einzuheiraten.
Hendrik merkte sofort, dass Leonore an ihm vorbeiblickte, und trat enttäuscht einen Schritt zur Seite. Es ärgerte ihn jetzt, dass er die Einladung angenommen hatte, dabei hätte er es besser wissen müssen, schließlich war er nicht das erste Mal dabei. Aber so extrem wie an diesem Abend war es ihm noch nie aufgefallen. Er straffte seinen Körper.
»Guten Abend, Papa«, hörte er Rebecca freundlich sagen. »Wie geht es dir?«
»Guten Abend, Rebecca, Hendrik! Ich freue mich, euch zu sehen. Mir geht es gut. Dir doch hoffentlich auch?«, fragte er mit ein wenig Besorgnis in der Stimme und lächelte Rebecca bewundernd an.
»Ja, natürlich. Viel Arbeit, wie immer. Aber sonst ist alles im grünen Bereich«, antwortete Rebecca und strahlte.
»Und wie geht es dir, Hendrik? Was macht die Arbeit?«
»Danke der Nachfrage, gut, die Arbeit läuft bestens. Natürlich ist viel zu tun, und man muss dran bleiben, wenn man weiterkommen will, das lässt sich nicht vermeiden.«
»Gut so, mein Junge, immer dran bleiben.«
Rebecca spürte, das hatte jetzt ihr gegolten. Man musste dran bleiben, wenn …
»Rebecca, kümmert ihr euch mit uns um die Gäste? Mama hat wieder die halbe Stadt eingeladen.«
»Gerne, Papa, wir helfen euch bei der Begrü