2
Anfang März 1950 haben sie mich hierhergeschickt, um bei der Post zu arbeiten. Meine Altersgenossen aus dem Kriegswaisenhaus sind zum Militär gegangen, drei Jahre diente man damals, mich hatten sie wegen meines steifen Knies nicht genommen, ich war untauglich, also ließen sie mich Briefträger werden.
Ja, ich weiß, es klingt seltsam, dass jemand einen hinkenden Jugendlichen vor sich haben und denken kann: Der wäre ein guter Briefträger! Es waren andere Zeiten, sozialistische, wir waren alle gleich und alle zu allem zu gebrauchen. Es gab keine Unterschiede. Heute ist es härter. Du hinkst, du kannst kein Briefträger werden. Du hast keinen Geschmack, du kannst kein Koch werden. Du bist unfreundlich und langsam, du kannst kein Kellner werden. Wenn man beginnt, die Leute nach ihren Eigenschaften einzuteilen, dann gibt es nie genug von ihnen für alle Berufe, deshalb wird einer, der unfreundlich und langsam ist, so tun müssen, als sei er höflich und schnell, um eine Stelle zu bekommen, das heißt, er wird sich selbst und andere belügen. Wir Menschen neigen aber zur Wahrheit, und unser jugoslawischer Sozialismus hat uns das ermöglicht.
Ich habe ein wenig den Faden verloren, entschuldige.
Das Postamt befand sich damals noch im alten Gebäude, auf dieser Seite des Flusses, nahe der Brücke. Sie haben es schon vor deiner Geburt abgerissen, vielleicht finde ich Fotos … Ich werde bis zum nächsten Mal nachsehen.
Es war klein, noch österreich-ungarisch. Eine einzige Theke an der Wand, in einer Ecke ein Häufchen Formulare. Ein paar Fed