: Miha Mazzini
: Deutsche Lotterie Roman
: Transit Buchverlag
: 9783887473358
: 1
: CHF 15.20
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine bizarre, schön erzählte Räuberpistole aus dem Slowenien der Nachkriegszeit. Ein junger Mann, gerade 17 Jahre alt, durch eine Kriegsverletzung gehbehindert, wird von der neuen kommunistischen Staatsmacht ausgerechnet zum Dorf-Briefträger bestimmt. Als er ein Einschreiben ausliefert, trifft er eine Frau, die sich gerade in einer Wäscheleine verheddert hat - und ist ihr danach verfallen. Als deren Mann aus dem Gefängnis kommt, wird der verliebte Junge ausgenutzt für ein konspiratives Unternehmen: die »Deutsche Lotterie«. Die funktioniert so: der Ehemann, wohlhabender (!) Schriftsteller, und seine Frau gründen eine Lotterie als Briefkastenfirma (ganz seriös: Postfach Stuttgart!), die Teilnahme ist kostenlos, der junge Briefträger fängt alle Briefe ab und stellt dann gezielt die Gewinne (Lebensmittelmarken) an verarmte Dorfbewohner zu, die von dieser Lotterie natürlich ganz begeistert sind. Der Schriftsteller verändert aber das Geschäftsmodell: die Lotterie-Teilnehmer müssen jetzt Geld einzahlen (bar im Briefumschlag), nur noch wenige gewinnen, und der Schriftsteller, der gar nicht mehr ans Schreiben denkt, wird noch wohlhabender - bis er die Sache so auf die Spitze treibt, dass er ins Visier der Geheimpolizei gerät...

Miha Mazzini, geboren 1961 in Jesenice im damaligen Jugoslawien, lebt als slowenischer (mit italienischen Vorfahren) Autor, Dramatiker und Filmemacher in Ljubljana. Seine Bücher gehören zu den meist verkauften in Slowenien, sind in neun Sprachen übersetzt und haben zahlreiche Preise erhalten. Dieser Roman ist seine erste Veröffentlichung in deutscher Sprache.

2


Anfang März 1950 haben sie mich hierhergeschickt, um bei der Post zu arbeiten. Meine Altersgenossen aus dem Kriegswaisenhaus sind zum Militär gegangen, drei Jahre diente man damals, mich hatten sie wegen meines steifen Knies nicht genommen, ich war untauglich, also ließen sie mich Briefträger werden.

Ja, ich weiß, es klingt seltsam, dass jemand einen hinkenden Jugendlichen vor sich haben und denken kann: Der wäre ein guter Briefträger! Es waren andere Zeiten, sozialistische, wir waren alle gleich und alle zu allem zu gebrauchen. Es gab keine Unterschiede. Heute ist es härter. Du hinkst, du kannst kein Briefträger werden. Du hast keinen Geschmack, du kannst kein Koch werden. Du bist unfreundlich und langsam, du kannst kein Kellner werden. Wenn man beginnt, die Leute nach ihren Eigenschaften einzuteilen, dann gibt es nie genug von ihnen für alle Berufe, deshalb wird einer, der unfreundlich und langsam ist, so tun müssen, als sei er höflich und schnell, um eine Stelle zu bekommen, das heißt, er wird sich selbst und andere belügen. Wir Menschen neigen aber zur Wahrheit, und unser jugoslawischer Sozialismus hat uns das ermöglicht.

Ich habe ein wenig den Faden verloren, entschuldige.

Das Postamt befand sich damals noch im alten Gebäude, auf dieser Seite des Flusses, nahe der Brücke. Sie haben es schon vor deiner Geburt abgerissen, vielleicht finde ich Fotos … Ich werde bis zum nächsten Mal nachsehen.

Es war klein, noch österreich-ungarisch. Eine einzige Theke an der Wand, in einer Ecke ein Häufchen Formulare. Ein paar Fed