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Alle Passagiere sind in den Flieger eingestiegen, nur ich nicht. Ich bin, abgesehen vom Bodenpersonal, allein am Gate und fühle mich verletzlich und exponiert, da ich mich nicht mehr in einer Menschenmenge verbergen kann. Als ich bereits meine Optionen für diesen Abend durchgehe, falls ich nicht in diesen Flieger einsteigen kann, wird auf einmal mein Name aufgerufen.
»Heute ist Ihr Glückstag, Miss Bensen«, sagt die Frau von vorhin, als ich an den Schalter trete. »Sie wurden in die erste Klasse hochgestuft.«
Ich blinzle überrascht, und das nicht nur, weil es für mich ungewohnt ist, »Miss Bensen« genannt zu werden. »Sind Sie sicher? In die erste Klasse?«
»Ganz genau.«
»Was kostet mich das extra?«, will ich wissen, wobei ich nicht einmal weiß, wie viel Geld ich auf der Kreditkarte, die mir gegeben wurde, zur Verfügung habe. Meine anderen Ersparnisse kann ich nicht anrühren, da man mich so möglicherweise aufspüren könnte.
»Nichts«, versichert sie mir lächelnd und deutet auf mein Ticket. »Ich drucke Ihnen nur schnell Ihre neue Bordkarte aus.«
»Vielen Dank«, sage ich schnell.
Dann husche ich über den Flugsteig zum Flieger, und obwohl ich durchaus erleichtert bin, dass ich noch einen Platz bekommen habe, ist die Erkenntnis, dass ich New York jetzt verlasse, regelrecht niederschmetternd. Alles, was bisher meine Welt bestimmt hat, befindet sich hier, und ich habe mich nicht mehr so hilflos gefühlt seit … sehr langer Zeit.
Ich mag nicht einmal an das denken, was damals passiert ist. Ich denke auch nicht daran, denn sonst kommen die Albträume wieder und die Angst. Jetzt ist der falsche Zeitpunkt, um mich von diesem Schrecken terrorisieren zu lassen. Schließlich habe ich nicht die geringste Ahnung, was die nächsten Tage bringen werden.
»Willkommen an Bord«, begrüßt mich eine Stewardess fröhlich, als ich den Flieger erreiche, und irgendwie gelingt es mir, sie halbherzig anzulächeln, bevor ich zu Reihe sieben gehe, die nur aus zwei Plätzen besteht.
Mein Gangplatz ist leer – obwohl man mir doch erzählt hat, dass das Flugzeug überbucht wäre –, ebenso wie der Platz am Fenster. Meine Hoffnung, dass ich möglicherweise meine Ruhe habe, wird zunichtegemacht, als ich die Tasche sehe, die unter dem Sitz verstaut ist. Ich seufze leise. Eigentlich will ich mich nur hinsetzen und die Augen schließen, bevor mein Sitznachbar zurückkehrt, aber das wird nicht klappen. Erst muss ich mein Gepäck verstauen und mir meine Akte durchlesen.
Achselzuckend lasse ich die übergroße Tasche auf meinen Sitz fallen. Als ich meinen Rollkoffer verstauen will, stelle ich fest, dass das Fach über mir bereits voll ist. Heute sind offenbar alle gegen mich. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und versuche, etwas Platz zu schaffen, um mein Gepäck unterzubringen, und das ist nicht gerade einfach.
»Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
Die tiefe, leicht raue Stimme bewirkt, dass ich mich nach links umdrehe, und schon sehe ich in zwei vertraute Augen. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Das kann doch nicht wahr sein! Aber es ist so. Ich komme mir richtiggehend dämlich vor, wie ich dastehe und diesen attraktiven Mann anstarre, und werde vor Scham rot. Der Mann vom Gate überragt meine einen Meter sechzig um fast dreißig Zentimeter, und er steht so dicht vor mir, dass ich jetzt mit Sicherheit weiß, welche Farbe seine Augen haben. Sie sind blau, von einem durchdringenden Aquamarinblau, das fast schon grün aussieht, und sind eindeutig auf mich gerichtet.
»Ich … äh … Vielen Dank.«
»Gern geschehen«, sagt er und verzieht auf eine Art und Weise die Lippen, dass es mich in Kombination mit seinen dunklen Bartstoppeln auf dem