Am Puls der Stadt
Das Antlitz Portos
Grauschwarz glänzt die gewellte Oberfläche des Douro, granitfarben wie die Häuser, die dicht an dicht labyrinthartige Gassen bilden. Eingehüllt in dichten Nebel sieht man Portos pittoreske Silhouette kaum. Alles wirkt verhüllt und verschlossen, ein Schattenriss mit verschwommenen Konturen. Die liebliche, sonnige Seite der Douro-Mündung setzt in dem atlantischen Klima des Nordens manchmal eine abweisende Miene auf. Herb und geheimnisvoll, ein intensiver Moment! Sobald die Sonne zurückkommt, ändert sich alles. Das Licht bringt die nostalgisch mit Weinfässern beladenen Rabelos zurück, die pastellfarbenen Häuser der Ribeira, die roten Dächer der Portweinkellereien von Gaia, die Glaskuppeln und barocken Kirchtürme an den steilen Hängen von Porto. Einen Logenplatz hoch oben haben die Kathedrale und der Bischofspalast. Von der Brücke Dom Luís I {1}, dem doppelstöckigen Wahrzeichen, das sich in hohem Bogen über den Fluss spannt, ist wieder ein Überblick möglich – bis die Sonne in einem ihrer romantischen Momente am Abend die Dächer verwirrend rot erglühen lässt.
Die zahlreichen Kirchen in Porto, dessen historisches Zentrum seit 1986 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, fallen im Stadtbild sofort auf. Porto ist eine der ältesten Städte des Landes. Es existiert seit 138 v. Chr. und wurde 1123Bischofsstadt. Sie wuchs vom Hügel mit der Kathedrale aus hinunter zum Douro, wo sich schon früh ein Zollhaus und der Handelshafen befanden. Im Mittelalter errichteten in Porto die meisten namhaften Orden ihre Klöster. Viele existieren heute nicht mehr, aber ihre Kirchen blieben zahlreich erhalten.
Barocke Pracht mit italienischem Flair
1387 heirateten König João I. und die englische Prinzessin Filipa de Lencastre in Portos Kathedrale. Ihre strategische Allianz war das Fundament für den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt und ihren langjährigen, lukrativen Handel mit England.Heinrich der Seefahrer, der in Porto geborene Sohn des Königspaars, begründete den Reichtum der portugiesischen Seemacht. Nachdem 1699 in Brasilien Gold entdeckt und reichlich nach Portugal gebracht wurde, erhielt Portos historisches Zentrum nach und nach sein barockes Flair. Maßgeblich für die prunkvolle Gestaltung nach italienischem Vorbild war der Künstler und ArchitektNicolau Nasoni (1691–1773) aus der Toskana. Er kam 1725 aus Malta nach Porto. Dort hatte er die Fresken im Palazzo Magistrale della Valletta gemalt. Der Kontakt zum portugiesischen Klerus und König João IV., der in Lissabon verschwenderisch Hof hielt, entstand über den Malteser Ritterorden, dem der portugiesische König und viele Kirchenoberen angehörten. Nasoni kam, sah und machte Porto zur barocken Bilderbuch- und Postkartenstadt. Zuerst malte er die Fresken und den Altar in der Kathedrale und gestaltete die Loggia. Nasonis Fassaden im Rokoko-Stil, wie die der Igreja da Misericórdia (–>) und der berühmten Igreja do Carmo {22}, beeindruckten seine Zeitgenossen wie theatralische Inszenierungen. Igreja und Torre dos Clérigos {21} waren sein erstes Meisterwerk als Architekt. Neben Sakralbauten errichtete er für Portos reiche Bürger zahlreiche großzügige Villen, darunter den Palácio de Freixo (–>) und die Quinta da Prelada (–>).
Blattgold und Azulejos
Als Zeichen von Macht und Wohlstand bekamen Portos Kirchen im Barockzeitalter ihre einzigartigen„talhas douradas“– Schnitzarbeiten aus beständigem Tropenholz, die mit tonnenweise Blattgold aus Brasilien verziert wurden. Die Dekorationen der Kirchenwände und -fassaden mit religiösen und historischen Szenen durch bekannte Maler wie z. B. Jorge Colaço stammen erst aus dem 19. Jh. Eingängige Bilder aus dem Leben von Heiligen oder biblische Szenen sollten dem Volk schon von Weitem imponieren. Dabei hat dieAzulejos-Tradition ihren Ursprung in maurischer Zeit (aus dem Arabischenal-zuleig = „polierter Stein“). Überliefert ist sie wahrscheinlich aus Córdoba und Granada. Erlaubt waren zunächst nur florale und geometrische Muster. Ab 1560 kamen Azulejos-Künstler aus Flandern nach Portugal und erst ab Ende des 17. Jh. wurde es Mode, nur weiße und blaue Fliesen zu verwenden. Ab dem 19. Jh. verkleideten auch viele Privatleute ihre Häuserfronten mit Fliesen zum Schutz vor Feuchtigkeit. Dass Porto portugiesische Geschichte schrieb, dokumentieren die großen Azulejos-Bilder im Bahnhof São Bento {16}. Bis 2011 wurden die 20.000 Azulejos einzeln teilweise mit Zahnbürsten gereinigt und dann restauriert – Kostenpunkt ca. 167.000 €. An den Fliesen der historischen Altstadt nagt der Zahn der Zeit. Ablagerungen durch Luftverschmutzung müssen gereinigt werden: mit Wasser, Spülmittel, Messer, Baumwolle und Zahnbürsten. Zahlreiche Kachelbilder wurden in den vergangenen Jahren restauriert, eine Arbeit, die niemals ein Ende zu nehmen scheint.
Grüne Oasen bis zum Atlantik
Im 19. Jh. dehnte sich die Stadt weiter aus, reiche Portweinhändler und Textilfabrikanten ließen sich in den neu entstandenen Stadtvierteln Cedofeita und Boavista großartige Villen mit repräsentativen Gartenanlagen errichten. Auf die Mode der Romantik folgte die Mode des Jugendstils. Viele der hübschen Grünflächen und Parks Portos entstanden im 19. Jh. während der Romantik, als die bewusste