: Henrik Ibsen
: Henrik Ibsen: Nationalromantische Dramen Frau Inger auf Östrot + Das Fest auf Solhaug (Mit Biografie des Autors)
: e-artnow
: 9788026850311
: 1
: CHF 0.40
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: Dramatik
: German
: 333
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses eBook: 'Henrik Ibsen: Nationalromantische Dramen' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Henrik Ibsen (1828-1906) war ein norwegischer Dramatiker und Lyriker, der gegen die Moral und 'Lebenslüge' seiner Zeit zu Felde zog und im 'Kampf der Geschlechter' im Gegensatz zu August Strindberg den Standpunkt der Frau vertrat. Seine bürgerlichen Dramen zeigten ethischen Ernst und großes psychologisches Einfühlungsvermögen. Im November 1851 berief ihn Ole Bull als Hausdichter und künstlerischer Leiter an das Norske Theater in Bergen, wo man sich um den Aufbau eines norwegischen Nationaltheaters bemühte. Zu dessen Repertoire sollte Ibsen jedes Jahr ein Stück beisteuern. Vor diesem Hintergrund entstanden die sogenannten nationalromantischen Dramen, darunter Die Johannisnacht, Frau Inger auf Östrot und Das Fest auf Solhaug, in denen bereits Kritik an konservativ-nationalen Ideen erkennbar wurde.

Zweiter Akt


Stube auf Oestrot, wie im ersten Akt.

Inger sitzt am Tisch rechts vor dem Fenster. Olaf Skaktavl steht ein wenig von ihr entfernt. Beider Mienen verraten, daß ein sehr aufgeregtes Gespräch vorangegangen ist.

Olaf. Zum letzten Mal, Inger Gyldenlöve, – Ihr seid also unbeugsam in Euerm Entschluß?

Inger. Ich kann nicht anders. Und mein Rat ist: geht auch Ihr meinen Weg. Ist es des Himmels Wille, daß Norwegen untergehen soll, so geht es unter, ob wir es nun stützen oder nicht.

Olaf. Und mit diesem Glauben, meint Ihr, soll ich mich in Geduld fassen? Ich sollte ruhig dasitzen und zuschauen, nun die Zeit gekommen ist? Habt Ihr vergessen, was ich zu rächen habe? Mein liegendes Gut haben sie geraubt und unter sich geteilt. Meinen Sohn, mein einziges Kind, den letzten Sproß unseres Geschlechtes, erschlugen sie vor meinen Augen wie einen Hund, und mich selbst haben sie zwanzig Jahre lang friedlos durch Wald und Gebirge gehetzt. Das Gerücht hat mich mehr als ein liebes Mal tot gesagt; aber nun hab' ich die Zuversicht, daß man mich nicht in die Erde legen wird, eh' ich Rache genommen habe.

Inger. Dann habt Ihr auf ein langes Leben zu hoffen. Und jetzt – was wollt Ihr tun?

Olaf. Tun? Was weiß ich, was ich tun werde? Ich habe mich niemals darauf verstanden, Pläne zu schmieden. Das ist etwas, wozu ich Eurer Hilfe bedarf. Ihr seid gar klug dazu;ich habe nur meine zwei Arme und meine Wehr.

Inger. Eure Wehr ist verrostet, Olaf Skaktavl! Jede Wehr in Norwegen ist verrostet.

Olaf. Also deshalb streiten gewisse Leute nur mit der Zunge? – Inger Gyldenlöve, Ihr habt Euch sehr verändert. Es war eine Zeit, da schlug ein Mannesherz in Eurer Brust.

Inger. Mahnt mich nicht an das, waswar.

Olaf. Und doch bin ichdarum zu Euch gekommen. Ihrsollt mich hören, wenn auch –

Inger. Nun wohl! Aber macht es kurz; denn – ich muß es Euch wohl sagen – Ihr seid hier auf dem Schlosse nicht sicher.

Olaf. Auf Schloß Oestrot ist nicht Sicherheit für den Friedlosen? Das wußt' ich längst. Aber Ihr vergeßt, daß ein Friedloser nirgends sicher ist, wo er auch weile.

Inger. So sprecht. Ich kann es Euch nicht verwehren.

Olaf. Es ist nun bald dreißig Jahre her, daß ich Euch zum ersten Male sah. Es war zu Akershus bei Knut Alfsön und seinem Weibe. Ihr wart damals fast noch ein Kind, und gleichwohl wart Ihr kühn wie ein Falke auf der Jagd und dabei zuweilen wild und unzähmbar. Viele warben um Euch. Auch mir wart Ihr teuer – teuer wie kein Weib mir früher oder später gewesen ist. Aber Ihr hattet nurein Ziel undeinen G